Esad Kahric ist zurück bei „seinem“ FC Memmingen in der Regionalliga Bayern. Der 60 Jahre alte Bosnier war früher bereits 22 Jahre als Spieler und Trainer für die Allgäuer aktiv, führte Memmingen zweimal zum Regionalliga-Aufstieg. Als Nachfolger von Ex-Profi Uwe Wegmann soll er den FCM vor dem Abstieg bewahren. Im BFV.de-Interview spricht Kahric über Anekdoten und sein Debüt.
Insgesamt 22 Jahre waren Sie als Spieler und Trainer schon für den FC Memmingen tätig. Jetzt sind Sie zurück, um den Abstieg zu verhindern. Dafür verließen Sie den Bayernligisten TSV 1874 Kottern mit sofortiger Wirkung. Wie schwer ist Ihnen das gefallen, Herr Kahric?
Esad Kahric: Es war keine einfache Entscheidung. Ich hatte mich mit dem FC Memmingen zunächst nur über ein Engagement ab der kommenden Saison unterhalten. Durch die sportliche Krise ging jetzt aber alles sehr schnell. Ich bin dem TSV Kottern dankbar, dass er mir die Freigabe erteilt hat. Das ist nicht selbstverständlich.
Würden Sie für Memmingen jederzeit alles andere links liegen lassen?
Kahric: Das würde ich nicht sagen. Aber ich habe dem Klub definitiv viel zu verdanken. Wegen des FC Memmingen durfte ich 1989 in Deutschland bleiben. Auch der damalige Oberbürgermeister der Stadt, Ivo Holzinger, hatte sich für meinen Verbleib eingesetzt. Sonst hätte ich meine Karriere als Spieler wohl im damaligen Jugoslawien fortgesetzt und würde jetzt nicht seit mehr als 30 Jahren in Deutschland leben.
In mehr als 400 Spielen betreuten Sie den FCM bereits als Trainer, zweimal führten Sie den Klub in die Regionalliga. Was war Ihr schönstes Erlebnis in Memmingen?
Kahric: Ich habe jeden Tag und jedes Spiel mit diesem Verein genossen. Die Regionalliga-Aufstiege 2003 und 2010 waren aber sicher meine bisherigen Höhepunkte als Trainer. Es gab viele schöne Momente, die ich immer in Erinnerung behalten werde.
Gibt es eine amüsante Anekdote, die Sie noch nie erzählt haben?
Kahric: Da muss ich erst einmal überlegen (lacht). Eine Geschichte fällt mir tatsächlich ein: Als ich 1989 zum FC Memmingen gewechselt bin, wusste ich nichts über den Verein und die Stadt. Ich hatte keine Ahnung, wo Memmingen liegt und worauf ich mich da einlasse. Die Vertragsgespräche hat ein Freund von mir geführt - ich war schon wieder auf dem Weg nach Hause ins ehemalige Jugoslawien. Mehr als 1000 Kilometer entfernt habe ich dann erfahren, dass mein neuer Verein FC Memmingen heißt (lacht).
Damals hätten Sie sicher nicht gedacht, dass eine solche Verbindung zwischen Ihnen und dem FCM entstehen wird, oder?
Kahric: Definitiv nicht. Mit der Zeit habe ich mich aber immer wohler gefühlt und der FC Memmingen ist mein Heimatverein geworden. Ich bin glücklich, jetzt wieder zurück zu sein.
Wie haben sich die Vereinsstrukturen seit 1989 verändert?
Kahric: Es hat sich in 30 Jahren einiges getan. Der Verein ist insgesamt größer geworden - damit meine ich unter anderem eine bessere Infrastruktur mit neuem Stadion. Es wird professioneller gearbeitet als damals und das Zuschauerinteresse ist gestiegen.
Was macht den Klub für Sie so besonders?
Kahric: Der FC Memmingen ist ein familiärer Verein mit einer geringen Fluktuation. Wer für den Verein arbeitet, lebt dafür. Der Vereinsvorsitzende Armin Buchmann ist beispielsweise schon eine gefühlte Ewigkeit dabei. Diese Art von Vereinsarbeit passt zu mir.
Ihr Co-Trainer ist Candy Decker, der früher unter Ihrer Regie gespielt hat. Harald Rehklau, der bereits bei Ihrer letzten Amtszeit Konditionstrainer war, haben Sie aus dem Nachwuchsbereich zurück in die erste Mannschaft beordert. War es Ihnen wichtig, bekannte Gesichter um sich herum zu haben?
Kahric: Ich habe mit beiden gerne zusammengearbeitet und wollte auch Harald unbedingt wieder im Trainerteam haben. Es ist schön, dass das geklappt hat.
Der FC Memmingen rangiert auf Relegationsplatz 16 und wartet seit zwei Monaten auf einen Ligasieg. Ihr Debüt geben Sie am Samstag gegen Spitzenreiter Türkgücü München, danach geht es zu Vizemeister VfB Eichstätt. Ihr Startprogramm könnte einfacher sein!
Kahric: Das stimmt. Aber ich freue mich auf die anstehenden Duelle und vor allem auf die Partie gegen Türkgücü. Wichtig wird sein, dass wir die Köpfe hoch bekommen und uns als Einheit präsentieren. Mir ist bewusst, dass die Mannschaft geschwächt ist - nicht nur wegen der jüngsten Ergebnisse, sondern auch wegen zahlreicher Verletzungen. Wir sind realistisch und wissen, dass jeder Punkt, den wir noch bis zur Winterpause holen, ein Erfolg ist und am Ende Gold wert sein kann.
BFV-Interview: Christian Knoth/mspw