Quelle: Fußball-Förderverein Zorneding

Videowall & Sitze aus der Allianz Arena: Champions-League-Flair in der Kreisklasse

Sommer 2017. Gerade einmal knapp 50 Zuschauer haben sich in den Sportpark des TSV Zorneding verirrt. Und das, obwohl das Team aus dem Münchner Osten gut in die Saison gestartet ist und am Ende der Spielzeit als Meister den Sprung in die Kreisliga schaffen wird. Für Michael Jäger ein trauriges Bild. So kann es nicht weitergehen. Daher heuert der Schauspieler, bekannt unter anderem aus der Vorabend-Serie Marienhof, als Stadionsprecher an. Unterhaltung ist sein Ding, doch er hat Größeres vor. Im Sommer 2018 installiert er 300 „alte“ Sitzschalen aus der Allianz Arena im Zornedinger Sportpark – der Zuschauerschnitt steigt auf über 100 pro Heimspiel. Doch auch das ist Jäger, der seit 2018 auch ehrenamtlicher Vorstand des örtlichen Fußballfördervereins ist, nicht genug. Er will mehr. Deshalb hat der TSV Zorneding nun eine 3x5 Meter große Videowall.

Herr Jäger, wie sind Sie auf die Idee gekommen, beim TSV Zorneding eine Videowall zu installieren?

Jäger: Als ich als Stadionsprecher angefangen habe, kamen im Schnitt nur 48 Zuschauer zu unseren Heimspielen. Das war schon sehr wenig. Wir mussten also neue Wege gehen, um die Situation zu verbessern.

Aber muss es dann gleich eine Videowall sein, wie man sie eigentlich nur aus der Bundesliga kennt?

Jäger: Das war ja nicht der erste Schritt. Als Stadionsprecher habe ich während der Spiele zunächst Musik gespielt und für Unterhaltung gesorgt. Später kamen dann die 300 Sitzschalen aus der Allianz Arena dazu, die wir mithilfe von Spenden finanziert haben. Seitdem herrscht hier in Zorneding schon ein bisschen Champions-League-Feeling. Und erst dann habe ich über eine Videowall nachgedacht.

Die schon beeindruckend aussieht…

Jäger: Stimmt. Wenn man als Fußballverein eine Anzeigetafel will, dann gibt es im Grunde drei Möglichkeiten. Entweder macht man es wie im Grünwalder Stadion, wo die Tafeln händisch ausgetauscht werden. Eine weitere Variante ist ein elektronisches Modell, das es bei vielen anderen Amateurvereinen gibt. Oder aber der ganz große Schuss – und dafür habe ich mich entschieden.

Das wird nicht ganz billig gewesen sein?

Jäger: Die Videowall ist gebraucht, hat aber dennoch 18.000 Euro gekostet. Das ist viel Geld – und es war nicht leicht, die Summe aufzutreiben.

Wie haben Sie das geschafft?

Jäger: Wir haben recht schnell einen Spender gefunden, der uns direkt 10.000 Euro auf den Tisch gelegt hat. Über weitere Spender sind wir auf 15.000 Euro gekommen. Und dann bin ich in den Gemeinderat, um das Projekt vorzustellen…

Und den konnten Sie überzeugen?

Jäger: Meine Grundlage war natürlich gut, ich hatte ja bereits über 80 Prozent des Geldes zusammen. Und ja, dann hat der Gemeinderat zugestimmt und mir die fehlenden 3000 Euro bewilligt. Ich hatte allerdings schon im Antrag deutlich gemacht, dass die Videowall nicht nur bei Fußballspielen zum Einsatz kommt, sondern auch für andere Events genutzt werden kann: Public Viewing oder Open-Air-Kino in der Gemeinde zum Beispiel. Das hat mich allerdings vor die nächste Herausforderung gestellt.

Und zwar?

Jäger: Ich musste gewährleisten, dass die Videowall mobil ist. Ich habe mich dann auf die Suche gemacht und in Kirchheim die Firma Jännert gefunden, die mir eine solche Konstruktion gebaut hat. Theoretisch kann man die Videowall jetzt mit nur zwei Leuten in jeweils einer halben Stunde auf- und wieder abbauen.

Das klappt?

Jäger: Beim ersten Aufbau haben wir deutlich länger gebraucht. Das war das bekannte IKEA-Phänomen. Wir standen da und wussten erst einmal nicht genau, was wo hingehört. Das wird sich mit der Zeit aber sicher einspielen. Den Abbau haben wir aber tatsächlich in 30 Minuten geschafft.

Welche Inhalte werden über die Videowall gespielt?

Jäger: Zum einen wird natürlich der Spielstand angezeigt. Und dann eben das, was man auch aus den Bundesliga-Stadien kennt: Tore, Auswechslungen, Verwarnungen und natürlich Wiederholungen und die Präsentation der Torschützen. Wir haben dazu mit allen Spielern vor dem Greenscreen kurze Videosequenzen aufgezeichnet, die dann auf der Videowall abgespielt werden – das finden die Jungs natürlich toll.

Dafür braucht man aber ganz schön viel Know-how, oder?

Jäger: Zum Teil komme ich ja vom Fach. Ich bin Schauspieler und habe mich schon immer für die andere Seite der Kamera interessiert. Deswegen hatte ich schon eine gewisse Grundkenntnis. Wir arbeiten aber auch mit einer professionellen Software (Mimolive von Boinx), die beispielsweise auch von Schalke 04 oder Galatasaray Istanbul genutzt wird. Das geht kinderleicht, das meiste ist über ein iPad zu bedienen, das auf die Daten auf dem iMac zugreift.

Auch das klingt ziemlich teuer…

Jäger: Naja, ich kenne den Entwickler seit über 20 Jahren. Wir haben uns damals auf einer Messe in Düsseldorf kennengelernt – und uns auf Anhieb gut verstanden. Danach ist der Kontakt zwar abgebrochen, aber zehn Jahre später haben wir uns im Rahmen eines Projekts zufällig wieder getroffen. Seitdem arbeiten wir oft zusammen.

Wie läuft das dann am Spieltag ab?

Jäger: Im Grunde ist die Bedienung eine One-Man-Show. Sogar bei den Wiederholungen, das läuft alles über die Software. Ich nutze ein iPhone als Netzwerkkamera, die auf das gegnerische Tor ausgerichtet ist – so kann man das Bild direkt über die App auf den iMac übertragen. Der buffert immer die letzten 20-Sekunden. Bei einem Tor muss ich nur einen Knopf drücken, bekomme automatisiert einen Clip erstellt und kann diesen dann auf der Videowall abspielen. Das ist wirklich eine Sensation. Natürlich habe ich beim ersten Härtetest ganz schön geschwitzt, aber es hat alles reibungslos funktioniert. Im nächsten Schritt möchte ich nun auf beide Tore eine Kamera ausrichten, damit ich auch die Tore der Gastmannschaft noch einmal zeigen kann.

Wie sieht’s mit der Einbindung von Sponsoren aus?

Jäger: Natürlich ist das ein Thema. Die Videowall ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, um Sponsoren zu gewinnen. In der heutigen Zeit ist es extrem schwer, Bandenwerbung zu verkaufen. Da zieht eine Videowall schon mehr, die Aufmerksamkeit ist einfach größer. Im Grunde haben wir dank der Spender und des Gemeinderats zwar nichts für die Videowall bezahlt, aber dennoch eine Menge Geld für Kabel, Hard- und Software ausgegeben. Es wäre schon schön, wenn wir das über die Jahre reinspielen könnten. Generell geht es mir aber nicht nur ums Geld, sondern darum, mehr Zuschauer zum TSV Zorneding zu locken.

Geht der Plan auf?

Jäger: Bei der Premiere der Videowall am Sonntag waren 150 Zuschauer im Sportpark und wir haben schon jetzt mehr Dauerkarten verkauft als in der Vorsaison. Außerdem haben wir 7:0 gewonnen – wir können uns also nicht beschweren.

 

Interview: Sebastian Dirschl