Bei Maximilian Lüftl, spielender Co-Trainer beim Südost-Landesligisten FC Unterföhring, dreht sich fast alles um Fußball. Der 25-Jährige arbeitet seit November 2019 als Scout für den Zweitligisten FC St. Pauli, hatte zuvor auch schon für den deutschen Rekordmeister FC Bayern München die Fühler nach Talenten ausgestreckt. Im Interview spricht Lüftl über Anforderungen und Voraussetzungen.
Du bist als spielender Co-Trainer für den FC Unterföhring am Ball und scoutest gleichzeitig für den FC St. Pauli. Wie passt das zusammen?
Maximilian Lüftl: Ich befasse mich seit Jahren sehr intensiv mit dem Thema Fußball und sehe auch meine berufliche Zukunft in diesem Bereich. Als ich vom damaligen Chefscout des FC St. Pauli angerufen wurde und der mich fragte, ob ich Interesse an dieser Tätigkeit hätte, war ich schon überrascht, musste aber nicht lange überlegen.
Du stammst aus Passau, warst bis auf zwei Abstecher nach Österreich und in die USA auch stets in deiner Heimat aktiv. Wie kam der Kontakt zwischen dir und dem Hamburger Kultklub zustande?
Lüftl: Der Job wird nicht über eine Stellenausschreibung angeboten, auf die man sich bewerben kann. (lacht) In diesem Geschäft sind die handelnden Personen sehr gut vernetzt. Vieles läuft über Empfehlungen und gegenseitigen Austausch.
Für welchen Bereich bist du zuständig?
Lüftl: Ich bin für die Bereiche Bayern und Österreich verantwortlich, bin an den Wochenenden fast immer unterwegs, um mir Spieler und Spiele anzuschauen. Da ich nach wie vor in München wohne, kann ich diesen Aufgabenbereich neben meinem Fernstudium und meiner Co-Trainertätigkeit beim FC Unterföhring perfekt kombinieren.
Was studierst du?
Lüftl: An der Universität in Bayreuth strebe ich den Master in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Sportmanagement an. Wenn alles klappt, bin sich im September des nächsten Jahres fertig.
Wie viel Zeit nimmt die Tätigkeit als Scout in Anspruch?
Lüftl: Das ist schwer zu beantworten. Es ist auf jeden Fall ein Vollzeitjob.
Nach welchen Kriterien wird gescoutet?
Lüftl: Vieles hängt von der Spielphilosophie des Vereins und des jeweiligen Trainers ab. Der FC St. Pauli gilt nicht von ungefähr als emotionaler und mentalitätsstarker Verein. Diese Eigenschaften sollte der Spieler mitbringen und sich auch mit den Werten des Vereins identifizieren können. Es kommen aber noch viele weitere Aspekte hinzu. Wird auf einer bestimmten Position ein Stamm- oder eher ein Backup-Spieler gesucht? Möchte der Verein beispielsweise einen Außenverteidiger, der pro Spiel zwanzig Flanken schlägt? Oder lieber einen, der seine Stärken vor allem in der Defensive hat. Eine Schablone gibt es beim Scouting nicht. Ob der empfohlene Spieler verpflichtet wird, hängt schließlich noch von vielen weiteren Faktoren ab, auf die ich als Scout dann keinen Einfluss mehr habe.
Habst du eine besonders gute "Spürnase" oder wie gehst du deine Aufgabe an?
Lüftl: Ich gehe auf jeden Fall sehr gewissenhaft vor, stelle mir immer die Frage, ob der Spieler, den wir aktuell im Kader haben, besser ist als der, den ich mir anschaue. Das funktioniert nur, wenn ich auch die eigene Mannschaft wie aus dem "Effeff" kenne. Wenn die Profis des FC St. Pauli etwa beim SSV Jahn Regensburg spielen, versuche ich selbstverständlich, auch selbst vor Ort zu sein, sofern es terminlich passt. Grundsätzlich nehme ich auch alle Spiele auf und analysiere die Partien zu Hause in aller Ruhe. Einen guten Spieler in den Niederlanden, der 15 Tore macht, erkennt jeder. Die Frage ist, ob es der Spieler ist, der auch zu unserem Kader und Spielstil passt. Diese Fragen müssen vorab geklärt sein. Meine Aufgabe ist es, dass ich den Markt in Österreich kenne und bei Bedarf möglichst auf "Knopfdruck" Spieler benennen kann, die bei uns gesucht werden. Im Team wird dann die beste Lösung für den Verein gefunden. Die Scouts arbeiten zu. Alles andere entscheidet die sportliche Führungsetage.
Wie und wann hat deine Leidenschaft für das Scouting begonnen?
Lüftl: Als Student habe ich für eineinhalb Jahre nebenher ein Praktikum beim deutschen Rekordmeister FC Bayern München gearbeitet und dabei bereits erste Erfahrungen im Scouting gesammelt. Dort war ich für den Nachwuchsbereich von der U15 aufwärts bis zur U23 tätig.
Du bist erst 25 Jahre alt, hast für den SV Schalding-Heining in der Regionalliga Bayern gespielt. Warum ist dir selbst eine Profikarriere verwehrt geblieben?
Lüftl: Ich war zwar mit 19 Jahren schon Stammspieler in der Regionalliga und hatte von daher sicherlich nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um es in die 3. Liga zu schaffen. Aber offenbar fehlte mir am Ende doch die nötige Qualität. (lacht) Aus diesem Grund habe ich relativ früh einen anderen Weg eingeschlagen und mich mehr auf meine berufliche Karriere konzentriert. Mit 20 Jahren bin ich in die USA gegangen, habe ein Sportstipendium an der North Carolina State University bekommen und mein Bachelorstudium zu Ende geführt. Da war mir bereits klar, dass es mit einer Profikarriere nichts mehr werden wird.
Schlägst du Angebote von höherklassigen Vereinen, die dich noch als Spieler verpflichten möchten, jetzt grundsätzlich aus?
Lüftl: Tatsächlich lag mir schon das eine oder andere Angebot vor. Aber für mich hat der Beruf jetzt eindeutig Priorität. Auch zeitlich kann ich einen Vertrag bei einem Regionalligisten nicht mit meiner Tätigkeit als Scout in Einklang bringen. Beim FC Unterföhring ist mir keiner böse, wenn ich beruflich bedingt mal nicht zum Training erscheinen kann. Ganz im Gegenteil! Der Verein versteht das und versucht bei Terminkollisionen schon mal, ein Spiel zu verlegen, so dass ich möglichst dabei sein kann. Auch deshalb bleibe ich dem FC Unterföhring treu.
Dennoch läufst du parallel manchmal noch mit einem Zweitspielrecht für Eintracht Passau auf. Was hat es damit auf sich?
Lüftl: Mein Vater Ernst, der seit 30 Jahren als Trainer tätig ist, hat mich und meine beiden älteren Brüder Julian und Lukas bei unserem Heimatverein SV Fürstenstein fußballerisch ausgebildet. Immer wenn ich meine Eltern in Passau besuche, spiele ich mit einem Zweitspielrecht in der A-Klasse für die Eintracht, die von meinem Vater trainiert wird. In dem Team stehen Spieler aus acht verschiedenen Nationalitäten. Der Verein steht für Integration. Manche sagen sogar, dass die Eintracht das St. Pauli von Passau ist. (lacht)
Peter Haidinger/mspw