von Horst Wunner
Er ist schon ein außergewöhnlicher Mann, der Pfarrer Dr. Klaus Loscher aus Bayreuth. Der jetzt 80. Geburtstag feiern konnte. Denn der promovierte Theologe pflegte ein für seinen Beruf eher seltenes Hobby über Jahrzehnte hinweg. Er war nämlich Fußballschiedsrichter und wurde dafür vom Bayerischen Fußballverband (BFV) für 60 Jahre Zugehörigkeit zur schwarzen Zunft mit der Verbandsplakette ausgezeichnet.
Er hat viel erlebt auf den Sportplätzen, Trauriges und Lustiges. Erinnert sich besonders an ein schlimmes Erlebnis: Beim Vorspiel der Reservemannschaften SC Happurg gegen FC Pegnitz brach ein Aktiver der Gästemannschaft unter der Dusche zusammen. Als Loscher nach der Passkontrolle der Ersten Mannschaften die Pässe zurück trug, hörte er verzweifelte Rufe nach einem Sanitäter und wenig später nach einem Arzt. „Ich brach dann als der Rettungshubschrauber aus Nürnberg kam mein Spiel ab und kümmerte mich um die seelischen Nöte der Pegnitzer Spieler und der Betreuer. Die waren alle am Boden zerstört“. Leider sei der Betroffene noch am gleichen Tag im Hersbrucker Krankenhaus verstorben. Tröstende Worte waren da bitter nötig, zumal die Ehefrau einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. „Dieser ganze Vorfall nahm mich emotional so mit, so dass ich noch am Abend gegen 20 Uhr von meiner Wohnung in Reichenschwand erneut nach Hersbruck in die Klinik fuhr und den 28-Jährigen aufgebahrt in der Leichenhalle vorfand. Für ihn und seine Familie mit den zwei Kindern sprach ich ein inniges Gebet“.
Auf welch schmalem Grat sich Loscher auf den Spielfeldern wegen seines Berufs manchmal bewegte, zeigten gelegentliche böse Zurufe. Aber es hätten sich auch lustige Begebenheiten ereignet, als beim Spiel VFR Bayreuth gegen SV Gesees „mich ein schwarzer Spitz während des Prüfens der Tornetze beißen wollte“. Sein Herrchen konnte ihn gerade noch zurückhalten. Dafür biss der Vierbeiner später einen Spieler in den Hintern, als dieser einen Eckstoß ausführte.
Der in Burggrub (Krs. Kronach) geborene Jubilar war stets ein Brückenbauer zwischen Kirche und Sport, Mitbegründer des gleichnamigen Arbeitskreises, legte 1958 als 16-Jähriger Gymnasiast in der SR-Gruppe Kronach als damals jüngster Referee Oberfrankens die Prüfung ab. Pfiff anfangs auf der alten Eisenbahnerpfeife seines Vaters 16 Jahre für diese Gruppe, ehe er berufsbedingt zur SR-Gruppe Pegnitzgrund und 1982 zur SR-Vereinigung Bayreuth wechselte. Die Inklusion im Fußballsport war ihm ein Anliegen, der Buchautor schrieb auch Beiträge für die Deutsche SR-Zeitung. Eine Weihnachtsbotschaft von ihm an die Sportler griff sogar der Sportinformationsdienst (sid) auf - der Artikel wurde in vielen Tageszeitungen in Deutschland publiziert. Im Gedächtnis haften geblieben sei ihm auch der TSV Harsdorf (Kreis Kulmbach). Dort sah er in der Schiedsrichterkabine ein gerahmtes Bild mit kunstvoll gemalten Buchstaben des Psalm 84, Vers 3: Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. „Ich war äußerst erstaunt, dass ein solches Bibelwort an einem solchen Ort eines Dorfvereins eine Bleibe gefunden hat“. Hintergrund: Es war ein Geschenk des Harsdorfer Pfarrers zum 50-Jährigen Jubiläum des Sportvereins.
Pfarrer Loscher unterrichtete 26 Jahre als Religionspädagoge am Wirtschaftwissenschaftlichen Gymnasium, wurde unter anderem mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Und hier noch eine nette Erinnerung aus dem Leben des Theologen: Die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach inspirierte ihn zu dem Gedicht „Der schwarze Mann“, das sogar in der Deutschen SR-Zeitung abgedruckt wurde. Die erste Strophe sei hier zitiert: „Verachtung ist's, was viele für dich hegen, doch ohne Richter kommt der Fußball niemals aus; am liebsten würde man an deinem Stuhle sägen, doch zwischen Stühlen bist du ohnehin zu Haus“.