Seit seinem fünften Lebensjahr kickte Benjamin Schmidramsl (34) ausschließlich für den VfB Eichstätt, führte "seinen" Klub durch vier Aufstiege von der Bezirksliga bis in die Spitzengruppe der Regionalliga Bayern und in den DFB-Pokal. Jetzt hat er seine Karriere nach fast 30 Jahren im VfB-Trikot beendet. Im BFV.de-Interview spricht Eichstätts "Urgestein" Schmidramsl über Karriere-Höhepunkte und seine Zukunft beim VfB.
BFV.de: Nach fast 30 Jahren VfB Eichstätt ist Schluss mit dem aktiven Fußball. Wie schwer fällt Ihnen dieser Schritt, Herr Schmidramsl?
Benjamin Schmidramsl: Um ehrlich zu sein: Sehr schwer. Es war eine unglaubliche Zeit mit fast ausschließlich positiven Erlebnissen. Ich habe immer viel Herzblut reingesteckt und konnte viele großartige Erfolge mit dem VfB feiern. Da ist Wehmut zum Abschied normal.
BFV.de: Was sind denn Ihre Beweggründe, mit dem aktiven Fußball aufzuhören?
Schmidramsl: Zunächst einmal bin ich ein Familienvater mit drei Kindern, der beruflich als Bankkaufmann immer größer werdenden Anforderungen und Verantwortungen gerecht werden muss. Hinzu kommt das Alter, das nun einmal nicht lügt. (lacht) Mit 34 Jahren ist es legitim, die Fußballkarriere zu beenden. Ich hatte in der Corona-Pause viel Zeit, um über meine Zukunft im aktiven Fußball nachzudenken. Schweren Herzens habe ich mich dann dazu entschieden, dass es Zeit für einen Schlussstrich ist.
BFV.de: Als Sie mit fünf Jahren anfingen, in Eichstätt zu kicken, spielte der VfB noch in der Kreisliga C. 2019 wurde Eichstätt Vizemeister in der Regionalliga Bayern und spielte im DFB-Pokal gegen den Bundesligisten Hertha BSC. Wie stolz sind Sie, dass Sie Ihren Teil zu dieser erfolgreichen Vereinsentwicklung beigetragen haben?
Schmidramsl: Stolz ist - glaube ich - das falsche Wort. Ich bin einfach nur glücklich und froh, dass ich bei all den Vereinserfolgen der zurückliegenden Jahre dabei sein durfte. Der Dank gilt nicht allein meinen Mitspielern, sondern vor allem auch sämtlichen Mitarbeitern, Vereinsverantwortlichen und Trainern, die uns den Weg zu mehreren Aufstiegen, zur Bayerischen Amateurmeisterschaft und zur DFB-Pokal-Qualifikation geebnet haben.
BFV.de: Es gibt sicher viele Fußball-Momente, die Sie nie vergessen werden. Was war der schönste Augenblick?
Schmidramsl: Da gibt es etliche Momente, die ich jetzt erwähnen könnte. Mir fallen spontan zwei ein. Nach der DFB-Pokal-Niederlage gegen Hertha BSC haben wir von unseren Fans in Form von grünen Herzen - also in einer unserer Vereinsfarben - Respekt und Anerkennung für unsere Leistung erhalten. Auch wenn wir die Partie zuvor 1:5 verloren hatten, war das für mich ein besonderer Augenblick. Trotz der Niederlage war die Begegnung ein absoluter Höhepunkt für den gesamten Verein. Immer erinnern werde ich mich auch an unseren 3:0-Auswärtssieg beim jetzigen Drittligameister FC Bayern München U 23 in einem Freitagabendspiel während unserer Vizemeistersaison. Es war das perfekte Spiel von uns - besser konnten wir mit unseren Voraussetzungen als kleiner Verein gegen die zweite Mannschaft des größten und erfolgreichsten Klubs Deutschlands nicht abliefern.
BFV.de: Gibt es auch eine lustige Anekdote, die Sie bisher nie erzählt haben?
Schmidramsl: Wir hatten immer großen Spaß. Besonders bei längeren Auswärtsreisen ist viel Witziges passiert. Das meiste ist allerdings nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. (lacht) Eine Anekdote kann ich dann aber doch erzählen: Zur festen Planung in unserem Team gehörten regelmäßige Kabinenfeste. Beispielsweise haben wir dabei in der Dusche einen Pool aufgestellt, um darin zu feiern. Im Laufe der Zeit entstand der Mythos, dass sich Spieler durch "außerordentlichen Einsatz" bei den Kabinenpartys einen Stammplatz erkämpfen können. Und teilweise stellte dann der Trainer partyaktive Spieler, die vorher nicht zum Zuge gekommen waren, tatsächlich in der Startelf auf. (lacht) Das sorgte bei uns in der Mannschaft natürlich für großes Gelächter.
BFV.de: Während viele andere Spieler den Verein in den zurückliegenden Jahren in Richtung ambitionierterer und größerer Klubs verließen, blieben Sie dem VfB über fast 30 Jahre immer treu. Wieso?
Schmidramsl: Zunächst einmal war ich in meinen jungen Jahren kein Spieler, der in den Fokus größerer Klubs gerückt ist. Außerdem schielte ich auch nicht unbedingt darauf, in höheren Ligen Fußball zu spielen. Mit Eichstätt hat das ja dann dennoch immer wieder aufs Neue geklappt. Hinterher kam dann dazu, dass sich mein komplettes Berufs- und Privatleben ebenfalls in Eichstätt abspielte und ich beim VfB weiterhin die Möglichkeit hatte, quasi vor der Haustür Fußball zu spielen. Besser ging es für mich nicht.
BFV.de: War ein Wechsel wirklich nie eine Option?
Schmidramsl: Doch, schon. Ich hatte als Jugendspieler mal ein Angebot des jetzigen Drittligisten FC Ingolstadt 04. Ich entschied mich dann jedoch, ein Studium zu beginnen und mich nicht weiter mit dem Angebot zu beschäftigen. Dazu muss ich aber auch sagen, dass Ingolstadt zu dieser Zeit noch kein Profiklub war. Heute ist ein Wechsel zum FCI für einen Nachwuchsspieler sicher reizvoller.
BFV.de: Sie sind hauptberuflich Bankkaufmann. Werden Sie nebenbei dem Fußball und dem VfB Eichstätt in anderer Funktion treu bleiben?
Schmidramsl: Das ist der Plan. Erst einmal lege ich aber eine Pause ein, um mich für die Altherrenmannschaft des VfB fit zu machen. (lacht) Ich kann mir auch gut vorstellen, für den Verein zukünftig zu arbeiten - in welcher Funktion auch immer. Schließlich bin ich dem VfB Eichstätt auch aus familiären Gründen sehr verbunden. Mein Bruder Dominik gehört dem Vorstand an und hat sicher schon genaue Vorstellungen davon, wie ich den Klub unterstützen könnte.
BFV.de: Außerdem findet 2021 die wegen der Corona-Pandemie verschobene 100-Jahr-Feier des VfB Eichstätt statt. Die werden Sie sich doch bestimmt nicht entgehen lassen!
Schmidramsl: Auf keinen Fall. Ich bin seit meinem vierten Lebensjahr Mitglied und die Leute im Verein sind für mich nicht nur Vorstand oder Abteilungsleiter, sondern Freunde. Auf die Jubiläumsveranstaltung freue ich mich deshalb sehr. Nach den Erfolgen in den zurückliegenden Jahren gibt es ja für den VfB Eichstätt auch genügend Gründe zum Feiern.
BFV-Autor: Christian Knoth/MSPW