Auf den (bayerischen) Amateurfußballplätzen geht es rau zu. Diese Schlussfolgerung liegt nahe, wenn man die Berichterstattung diverser Zeitungen, TV-Sender oder Online-Medien in den vergangenen Wochen und Monaten betrachtet. Das Thema „Gewalt im Amateurfußball“ ist omnipräsent. Fakt ist jedoch: Bei der Masse an Spielen, die Woche für Woche über die Bühne gehen, ist Gewalt die absolute Ausnahme. In der Saison 2018/19 gab es im bayerischen Amateurfußball 70 Spielabbrüche, was bei 243.379 mit dem elektronischen Spielbericht (ESB) erfassten Partien einem Prozentsatz von 0,029 Prozent entspricht. In der Saison 2017/18 lag die Quote der wegen eines Vorfalls (Gewalt, Diskriminierung, etc.) abgebrochenen Spielen bei 0,03 Prozent, 2016/17 gar nur bei 0,024 Prozent. Bayern liegt damit sogar weit unter dem deutschlandweiten Schnitt von 0,05 Prozent (2018/19).
Dennoch: Jeder Vorfall ist einer zu viel. Gewalt – egal in welcher Form – hat im Amateurfußball nichts verloren! Um das Bewusstsein für das Thema weiter zu stärken, offene Fragen zu klären und das Verständnis für die beteiligten Personengruppen zu steigern, hat der Bayerische Fußball-Verband (BFV) gemeinsam mit der SpVgg Greuther Fürth daher zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gewaltprävention im Amateurfußball“ eingeladen. Das Interesse war groß: Knapp 50 Vereinsvertreter aus 23 Klubs fanden sich am Montagabend im Sportpark Ronhof | Thomas Sommer ein.
Gewalt ein „gesamtgesellschaftliches Problem“
Eröffnet wurde der Abend von Holger Schwiewagner, Geschäftsführer der SpVgg Greuther Fürth, ehe BFV-Mitarbeiter Frank Schweizerhof in einem Vortrag die Arbeit, Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten der „AG Gemeinsam und Fair“ präsentierte. „Plakate aufhängen oder Banner präsentieren, reicht nicht. Wir müssen konkrete Maßnahmen entwickeln, um dem Thema ‚Gewalt im Amateurfußball‘ proaktiv entgegenzuwirken. Doch das geht nur in enger Zusammenarbeit mit den Vereinen, die unsere Angebote aber auch annehmen müssen“, erklärte Schweizerhof. Weiter stellte Bernhard Slawinski, BFV-Kreisvorsitzender München, in einem Kurzreferat die erst kürzlich ins Leben gerufene „AG Amateurfußball in städtischen Ballungszentren“ vor.
Los geht´s: Podiumsdiskussion der AG Gemeinsam und Fair des @BFV_Medien im Sportpark Ronhof | Thomas Sommer!
— SpVgg Greuther Fürth (@kleeblattfuerth) December 16, 2019
👉Gewaltprävention im Amateurfußball.#kleeblatt pic.twitter.com/QBrq5vQVFd
Herzstück der Veranstaltung war die Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Sport, Politik und Presse. Den eindeutigen Tenor der Runde brachte Markus Braun, Bürgermeister der Stadt Fürth, auf den Punkt: „Wir sprechen über ein gesamtgesellschaftliches Problem, es ist nicht nur ein Phänomen des Fußballs. Allerdings ist der Fußball durch die mediale Aufmerksamkeit eben noch stärker im Fokus als andere Bereiche. Dennoch ist es unabdingbar, Fußballvereinen mehr Unterstützung zukommen zu lassen – insbesondere geht es um die Stärkung des Ehrenamts.“ Gleichzeitig nahmen die beiden Pressevertreter auf dem Podium, Marco Galuska (fussballn.de) und Michael Fischer (Nürnberger Nachrichten), sich selbst und ihre Kollegen in die Pflicht, die journalistische Sorgfaltspflicht und den Berufs-Ethos bei der Berichterstattung immer im Blick zu haben.
Lebhafte Diskussion mit den Vereinsvertretern
Eng verknüpft sind hiermit auch die Sozialen Medien wie Facebook oder Instagram, durch die Gewalt-Vorfälle aufgrund der viralen Effekte inzwischen eine weitaus höhere Tragweite bekommen. Ein sensibles Thema, für das insbesondere junge Spieler und Spielerinnen sensibilisiert werden müssen. „Wir werden fast täglich damit konfrontiert. Über Info-Veranstaltungen und persönliche Gespräche versuchen wir, das Bewusstsein unserer Talente zu schärfen und ihnen einen verantwortungsvollen Umgang mit den ‚Neuen Medien‘ näher zu bringen“, sagte Mirko Reichel, Sportlicher Leiter des Fürther Nachwuchsleistungszentrums. Bundesliga-Schiedsrichter Benjamin Cortus nahm vor allem die Akteure des Profi-Fußballs in die Pflicht, die sich ihrer Vorbildfunktion und der damit verbundenen Verantwortung wieder mehr bewusst werden müssten.
Bernhard Slawinski zeigte in der Podiumsdiskussion noch einmal die Unterstützungsmöglichkeiten auf, der der BFV seinen Vereinen als Dienstleister an die Hand gibt: „Die ‚AG Gemeinsam und Fair‘ leistet fantastische Arbeit und hat tolle Angebote – sei es durch Informationsveranstaltungen, Ausbildungen oder unmittelbare Problemhilfe bei der Bewältigung konkreter Konflikte“, sagte Slawinski, zeigte sich aber auch selbstkritisch: „Womöglich haben wir es noch nicht geschafft, unseren Vereinen flächendeckend zu vermitteln, welche Angebote es zum Thema bei uns gibt. Da müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen und den Ursachen auf den Grund gehen.“
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion
Zum Abschluss entwickelte sich noch eine lebhafte Diskussion mit den anwesenden Vereinsvertretern, die von ihren eigenen Erfahrungen an der Basis berichteten und konstruktive Vorschläge einbrachten. Die Wiedereinführung des „Sportgrußes“ vor uns nach dem Spiel, ein engerer Austausch mit den Verbandsmitarbeitern oder ein persönliches Kennenlernen mit dem Schiedsrichter vor Anpfiff, um nur drei Beispiele zu nennen. Fazit: Es geht nur gemeinsam, Vereine, Verband, Presse & Politik müssen an einem Strang ziehen und als Team agieren – anders geht’s nicht.