Es gibt sie immer wieder: Die Geschichten, die nur der Fußball schreibt. So zum Beispiel am vergangenen Samstag bei der Hallen-Stadtmeisterschaft in Freystadt in der Oberpfalz. Im Finale standen sich der TSV Freystadt und Türkspor Freystadt gegenüber. Der TSV ging als Bezirksligist als Favorit in die prestigeträchtige Partie – und auch in Führung. Doch Türkspor, sportlich in der A-Klasse beheimatet, gelang postwendend der Ausgleich und bot dem höherklassigen Lokalrivalen Paroli. Als nur noch wenige Sekunden auf der Uhr waren und schon alles auf die Verlängerung hindeutete, kam der große Auftritt von Türkspor-Keeper Yildirim Gökce.
Zunächst hatte der TSV-Torwart versucht, mit einem weiten Abwurf seinen Stürmer noch einmal in Szene zu setzen. Doch die Rechnung ging nicht auf: Gökce stürmte aus seinem Kasten, stibitzte dem gegnerischen Angreifer den Ball mit der Brust vor der Nase weg und startete den Gegenangriff. Dribbling über das Feld, kurzer Doppelpass mit einem Mitspieler und rein das Ding. Siegtreffer, Stadtmeister, Ekstase! „Zufall war das nicht, das war schon so gewollt“, erklärt der Turnier-Held im Interview.
Yildirim, was war das denn bitte für eine verrückte Aktion?
Yildirim Gökce: Ich kann das selbst immer noch nicht ganz glauben, um ehrlich zu sein. Der gegnerische Torwart hat den Ball nach vorne geworfen und ich habe die Situation sofort erkannt: Wenn der Stürmer an den Ball gekommen wäre, wäre er ganz alleine vor meinem Tor gestanden. Und das wäre nicht gut gewesen, denn der Luki ist eiskalt vor dem Tor. Das weiß ich, weil ich mit ihm beim TSV schon zusammengespielt habe – außerdem kennt in Freystadt sowieso Jeder Jeden. Es war also meine einzige Option, den Ball vor ihm abzufangen.
Der Plan ist voll aufgegangen.
Gökce: Stimmt. Es hätte aber auch schiefgehen können (lacht). Ich bin aber auch generell kein Torwart, der auf der Linie klebt und den Strafraum nicht verlässt. Ich spiele schon gerne mit, dafür bin bekannt. Auch auf dem Feld gehe ich gerne mal bis zur Mittellinie mit nach vorne. Fußballerisch bin ich in meinen Augen schon ganz gut. Das liegt vor allem daran, dass ich erst in der A-Jugend vom Feld ins Tor gewechselt bin.
Das ist ungewöhnlich.
Gökce: Das stimmt. Ich war schon immer ein ganz guter Fußballer, deswegen habe ich auch so lange draußen gespielt. Eigentlich wollte ich aber schon immer ins Tor. In der A-Jugend haben wir das dann einfach mal probiert – und es hat gut geklappt.
War es denn dein erster Treffer als Torwart?
Gökce: Tatsächlich nicht. Ich habe 2017 schon einmal bei der Stadtmeisterschaft getroffen. Damals allerdings auf dem grünen Rasen. Im Endspiel gegen SG Möning/Rohr habe ich nach einer Ecke das 1:1 erzielt und uns ins Elfmeterschießen gerettet. Das war allerdings eher ein Zufallsprodukt, da mir der Ball einfach vor die Füße gefallen ist. Außerdem haben wir am Ende verloren…
Diesmal hat’s besser geklappt.
Gökce: Ja, nach dem Schlusspfiff war’s auch sehr emotional. Die Stadtmeisterschaft – egal ob in der Halle oder auf dem Feld – ist bei uns immer ein großes Highlight. Wir haben den Titel deshalb auch ausgiebig gefeiert. Erst auf dem Spielfeld, dann in der Kabine und natürlich auch noch in Freystadt. Ich habe den Pokal zwar schon einmal mit dem TSV Freystadt gewonnen, doch der Sieg mit Türkspor bedeutet mir noch einmal mehr – der Verein ist für mich zu einer zweiten Familie geworden.