Der Vorstand des Bayerische Fußball-Verbandes hatte jüngst die Spielordnung geändert – genauer gesagt den sogenannten „Corona-Paragrafen“ (§94 BFV-Spielordnung) aktualisiert und damit eine Grundlage für den spieltechnischen Umgang mit dem Corona-Virus bzw. behördlicher Pandemie-Regelungen geschaffen, die für die von einer COVID-19-Infektion Betroffene gelten: Ein Fall aus Mittelfranken zeigt, wie wichtig es war, dass frühzeitig vor dem fächendeckenden Saisonstart im Freistaat klare Regelungen getroffen und an die aktuelle Pandemie-Situation angepasst worden sind.
Dabei war gar nicht mehr passiert, als dass ein Spieler des mittelfränkischen Kreisligisten SV Gößweinstein erfolgreich sein Abitur "gebaut" hat und es danach mit seinen Mitschüler*innen zur Abschlussfahrt nach Kroatien ging. Was er nicht wusste: Ein Schulkollege, mit dem er auf der Rückfahrt zusammen im Bus saß, hatte sich das „Corona-Virus“ eingefangen. Das wurde allerdings erst nach der Rückkehr in Deutschland festgestellt, ein Schnelltest vor der Abfahrt in Kroatien schlug nicht an. Nichtsahnend, dass sein Mitschüler infiziert war, packte der junge Spieler des SV Gößweinstein seine Sporttasche und ging zum Fußballtraining – schließlich war die Saisonvorbereitung gestartet.
Erst später wurde er über die Infektion seines Mitspielers informiert, durch das Gesundheitsamt als „Kontaktperson 1“ eingestuft und in Quarantäne geschickt. Damit allerdings nicht genug, denn schließlich war er ja schon beim Fußballtraining und kam dort mit einer ganzen Reihe weiterer Fußballer in Kontakt, die nun ebenfalls allesamt vorsorglich in 14-tägige Quarantäne geschickt worden sind. Ausnahme: eine Handvoll zweifach geimpfter bzw. genesener Akteure.
Jetzt steht der Kreisligist nur noch mit halber Mannschaftsstärke da. Für den Saisonauftakt gibt es allerdings keine nennenswerten Probleme. Das ist nicht selbstverständlich, denn grundsätzlich ist ein Verein, der am organisierten Spielbetrieb teilnimmt, auch dafür verantwortlich, ordnungsgemäß zu seinen Spielen anzutreten. Egal, ob in Bestbesetzung oder geschwächt, weil einzelne Spieler krank, verletzt, beruflich verhindert, oder womöglich einfach unmotiviert sind. Schließlich kann das jederzeit dem Gegner genauso passieren und eine Saison hat auch nicht unendliche Zeitfenster, um die nötigen Spiele auszutragen und jedem seinen Wunschtermin zu ermöglichen. Es muss gleiches Recht für alle gelten.
Nun ist es aber so, dass der Verein natürlich nichts dafür kann, denn der Abiturient ist ja gar nicht das Problem. Seinen Ausfall hätte das Team vielleicht nicht spielerisch, aber zumindest personell kompensieren können, doch durch die von den staatlichen Behörden angeordneten Maßnahmen fällt nun ein Großteil des Teams aus. Wäre dies nicht in der Spielordnung geregelt worden, das Stöhnen und Jammern wäre extrem und gewiss schwerlich überhörbar. Der eine sagt „Nicht genug Spieler, nicht angetreten, Punkte beim Gegner – Pech gehabt“, der andere „Sowas wäre ja unfair. Das Spiel wird halt neu angesetzt, wenn ein Team nicht spielen kann“, was wiederum den Dritten, der gerne auch mal für den Erfolg alle auch spielrechtlichen Mittel ausschöpft, die Hände reiben lässt, weil er dann den Freibrief wittert, elegant ein Spiel verschieben zu können, wenn in seiner Mannschaft wichtige Spieler ausfallen.
Alle Details, Änderungen und Beschlüsse sind wie immer satzungsgemäß auf www.bfv.de veröffentlicht und für jeden einsehbar. Die gültige Satzung sowie alle Ordnungen und Richtlinien findest du hier: https://www.bfv.de/der-bfv/satzung-und-richtlinien/ubersicht-satzung-richtlinien-amtliches
Diesen Diskussionen hat der BFV rechtzeitig vor der Saison einen Riegel vorgeschoben und schlichtweg den Corona-Paragraphen an die aktuellen Gegebenheiten und damit den Realitäten angepasst. Kreisligist SV Gößweinstein belegte den Ausfall seiner halben Mannschaft, durch den die nötige Mindestanzahl an Spielern nicht erreicht wird (Sollanzahl plus zwei Auswechselspieler) und das Spiel wird verlegt und auf dem Platz statt am Grünen Tisch entschieden.
Ja, bisweilen mögen die BFV-Statuten zum Spielbetrieb komplex und auch nicht immer unumstritten sein: In Gößweinstein sind sie aktuell allerdings wohl ganz froh, dass sie sogar den Fall einer Abifahrt nach Kroatien und ihre ungewollten Nachwirkungen berücksichtigen können.