Fußball ist Integration. Er bringt Menschen unterschiedlicher Religionen, Hautfarben und Denkweisen zusammen. Dabei engagieren sich Fußballvereine für Geflüchtete und eine positive Willkommenskultur. Sie sind Anlaufstelle, geben Orientierung und werden zu einem zweiten Zuhause. An vielen Orten in Bayern wird Integration gelebt. An anderen Stellen fehlt es an Unterstützung und guten sowie einfachen Beispielen. Es ist Zeit! Zeit für Vernetzung und Austausch. Zeit für Vorbilder. Zeit für Expertise und Hintergrundwissen. Es ist Zeit für einen Integrationskongress im Bayerischen Fußball-Verband (BFV): Am 27. September in Herzogenaurach ist es soweit. BFV-Präsident Christoph Kern spricht im Interview über seine inhaltliche Zielsetzung, die Gäste und den immens wichtigen Vorbildcharakter engagierter Vereine.
Am Samstag, 27. September 2025, veranstaltet der Bayerische Fußball-Verband (BFV) am Hauptsitz von adidas in Herzogenaurach seinen ersten Integrationskongress. Was war der Antrieb, was genau steckt da dahinter?
Christoph Kern: Unser klares Ziel ist es, die Integration von Menschen anderer Herkunft im Fußballverein weiter zu erleichtern – und zwar wechselseitig: für Fußballerinnen und Fußballer mit Migrationshintergrund und eben auch für unsere Vereine und deren Funktionärinnen und Funktionäre. Bei diesem eintägigen Veranstaltungsformat wird es eine Reihe von Impulsreferaten, Podiumsdiskussionen, Workshops und persönlichen Austauschmöglichkeiten geben – immer steht das Thema „Integration“ im Fokus, der Blickwinkel ist dabei bewusst unterschiedlich gewählt. Wir wollen so einerseits Hilfestellungen für Vereine und Fußballerinnen sowie Fußballer mit anderer Herkunft aufzeigen, andererseits wollen wir als BFV auch die Sorgen und Nöte der Vereine erkennen, um darauf noch zielgerichteter reagieren zu können. Es sollen Brücken gebaut und Türen geöffnet werden, sofern individuelle Schwierigkeiten eines Vereins auftreten oder beispielsweise Hemmungen bestehen, den BFV zu kontaktieren und um Unterstützung zu fragen. Kurzum: Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen etwas mitnehmen! Ideen, Ansätze, aber insbesondere auch praktische Hilfestellungen sowie Expertise und Infos aus erster Hand. Wir gehen auch den Fragen nach, wer kann mir denn bei der Integrationsarbeit helfen, wo bekomme ich finanzielle Unterstützung, welche Programme gibt es bereits, was machen andere Vereine gut, was hat sich bewährt und worauf kommt es an, wenn wir Menschen mit Migrationshintergrund bestmöglich in unser Vereinsleben einbinden möchten.
Es wird der erste Integrationskongress eines Fußball-Landesverbandes in Deutschland sein. Warum veranstaltet der BFV ein derartiges Format und was soll damit bezweckt werden?
Christoph Kern: Mehr als ein Viertel unserer Bevölkerung in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Wir alle wissen: Der Fußball kann wie keine zweite Sportart dabei helfen, Menschen anderer Herkunft eine neue Heimat zu bieten und bei der Integration zu unterstützen. Im Sport sind Barrieren leichter zu nehmen. Denken wir allein an die Sprache. Beim Fußball gibt es Regeln, die quasi jeder kennt und versteht, ohne dieselbe Sprache zu sprechen. Positive Beispiele gibt es viele. Wir möchten diese auch sichtbar machen. Best Practices sollen präsentiert werden und die Fußballfamilie von diesen Leuchttürmen profitieren können. Wir haben so eine gute, bayernweite Community – diese wollen wir auch nutzen und Hilfe zur Selbsthilfe aufzeigen. Bereits jetzt engagieren sich viele Klubs bei uns aktiv, indem sie Menschen mit Migrationshintergrund ins Vereinsleben einbinden, Sprachbarrieren abbauen und Unterstützung im Alltag bieten. Dort werden wir Impulse geben und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer miteinander vernetzen. Vor allem weil wir wissen, dass das Thema auch zukünftig von hoher Relevanz sein wird. Im Gesamtkontext ist der Kongress Teil eines umfassenden Engagements des BFV für gesellschaftliche Verantwortung, das auch Anti-Rassismus-Kampagnen, Konfliktmanagement und die Förderung von Toleranz und Respekt umfasst, um nur einige Beispiele zu nennen. Aber ich sage klar: Auch das ist der Fußball, auch das ist unsere Aufgabe. Insgesamt erwartet der BFV vom Integrationskongress eine nachhaltige Stärkung der Integrationsarbeit im bayerischen Fußball und eine klare Positionierung gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.
Der BFV-Integrationskongress findet in den Räumen des adidas-Campus in Herzogenaurach statt. Wie kam es dazu und warum hat man sich für diese Location entschieden?
Christoph Kern: Als langjähriger und strategischer Partner des BFV ist adidas nicht nur Unterstützer im Sportartikelbereich, sondern mittlerweile auch ein wichtiger Mitstreiter bei inhaltlichen Themen, bei denen zusammen ähnliche Ziele verfolgt werden. Dass wir unseren Integrationskongress nun am adidas-Campus durchführen dürfen, ist sicherlich auch Anreiz für eine Teilnahme und zeigt insbesondere, wie stark und tragfähig die Partnerschaft zwischen adidas und dem BFV ist. Mit Bjørn Gulden, dem CEO und Vorstandsvorsitzenden an der Spitze, lebt die Weltmarke mit den drei Streifen die Verständigung und Integration verschiedenster Nationen im Miteinander Tag für Tag vor. Die Belegschaft des Sportartikelkonzerns im beschaulichen Herzogenaurach ist international und vielfältig. Sie verkörpert ein innovatives Miteinander unterschiedlichster Nationen sowie Hintergründe und agiert – genau wie alle unserer Vereine – tagtäglich als starkes Vorbild im Sport. Insbesondere die Vermittlung von Werten und starken Statements der Integration hat adidas als oberste Prämisse in seinem Leitbild verankert – so wie auch wir beim BFV. Deshalb freue ich mich, dass auch adidas selbst am Kongress die unternehmerische Vision zum gelebten Miteinander aufzeigen wird.
adidas wird also auch inhaltlicher Teil des Programms sein. Das klingt spannend. Auf wen oder was dürfen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im September denn sonst noch freuen?
Christoph Kern: Wir wollen noch nicht alles verraten. Ich kann aber sagen, dass es sich lohnt, mit dabei zu sein. Erfreulicherweise hat Innenminister Joachim Herrmann sein Kommen zugesagt und wird gemeinsamn mit Prof. Dr. Vural Ünlü, dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Bayern, an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Aber auch auf unseren DFB-Präsident Bernd Neuendorf freue ich mich sehr. Er kann noch einmal die Sicht des Deutschen Fußball-Bundes im Hinblick auf das Thema näher beleuchten und dabei zudem gesamtdeutsche Sichtweisen darlegen. Besonders erfreulich ist aber, dass wir eine Vielzahl an Vereine vor Ort haben werden, die aus ihren reichhaltigen Erfahrungen in der Arbeit mit Mitgliedern unterschiedlicher Herkünfte berichten und dabei für andere zum Vorbild werden können.
Wie kann man als Vereinsvertreterin oder Vereinsvertreter, als Spielerin oder Spieler im September beim Kongress dabei sein?
Christoph Kern: Es gibt bereits ein Bewerbungsformular, mit dem sich Interessierte ab sofort anmelden und bewerben können. Neben allgemeinen Daten freuen wir uns über eine kurze Begründung, warum die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 27. September in Herzogenaurach dabei sein möchten. Hier muss kein umfassendes Motivationsschreiben verfasst werden. Unser Ziel ist es aber, ein so vielfältiges Teilnehmerfeld wie möglich dabei zu haben. Wir freuen uns auf Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Vereinen, gleichermaßen wie auf Spielerinnen und Spieler, Trainerinnen und Trainer.