Am 30. November 2020 sind es bereits zehn Jahre, dass unser ehemaliger Chef am Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium, Hans Ebersberger, verstorben ist. In seiner Amtszeit vom 1.2.1970 bis 31.7.1998 war er „das Gesicht“ des WWG, das sich aus der Städtischen Handelsschule unter seiner Leitung zu einer der größten Schulen Bayreuths entwickelte.
Hans Ebersberger kam am 7.12.1932 in Fürth als Sohn eines Bäckermeisters zur Welt. Schon früh war er „es gewohnt, mehrere Aufgaben auf seinen Schultern zu tragen“ (Wolfgang Hammon). So musste er die Arbeit im väterlichen Betrieb und das Studium an der Universität Erlangen in den Fächern Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, die er dann auch am Gymnasium unterrichtete, miteinander vereinbaren.
Ich erinnere mich noch an eine Begegnung mit OStD Georg Endres vom Gymnasium Wiesentheid im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia“. Als wir von der Umkleidekabine im Sportzentrum gemeinsam zum Fußballfeld gingen, wies Endres auf Höhe des WWG zum Fenster des Direktors hinauf und sagte sinngemäß: „Stellen Sie sich vor, als wir alle für das 2. Examen büffelten, legte Ihr Chef seine Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab!“ Später hatte er selbst in den Meisterprüfungsausschüssen der Handwerkskammer von Oberfranken für Bäcker und Konditoren den Vorsitz inne. Diese Neigung zum Beruf im Handwerk dürfte auch der Hauptgrund für Ebersbergers lebenslange Liebe für berufliche Schulen gewesen sein.
Der Fußball- und Schiedsrichterfunktionär
Neben seinem Einsatz für die Schule hatte Ebersberger auch schon von frühester Jugend an eine tiefe Leidenschaft für den Fußballsport. Ich hatte einst eine zufällige Begegnung mit dem Leiter der Kriminalpolizei Schwabach. Er hatte mit Ebersberger die Schule besucht und erzählte von ihren wilden Fußballschlachten auf den Pegnitzwiesen. Schon hier zeigte dieser Führungsqualitäten, als er für gute Leistungen seine Mitspieler mit „Hutzeln“, d.h. gedörrten Apfelscheiben und Pflaumen aus dem Backofen seines Vaters belohnte.
Diese frühe Liebe zum Fußballsport legte Hans Ebersberger niemals ab. Noch im hohen Alter spielte er in der Lehrermannschaft des WWG begeistert Fußball. Wesentlich wichtiger als das eigene Fußballspielen war jedoch, dass Hans Ebersberger dem Funktionärsbereich im Fußball sowie dem Schiedsrichterwesen entscheidende Impulse gab. Von 1964 bis 1973 stand sein Name auf der DFB-Schiedsrichter-Liste. Schon in dieser Zeit machte er sich vor allem bei der Ausbildung von vielen Unparteiischen einen Namen, anfangs als bayerischer Landes-Lehrwart sowie von 1973 bis 1995 sogar als Schiedsrichter-Lehrwart des Deutschen Fußball-Bundes. In strittigen Regelfragen wurde er als „oberste Instanz“ um Rat gefragt. Dabei bestach er durch seine souveräne Art der Beantwortung von Fragen. Im Februar 1978 weilte sogar eine Schiedsrichter- und Trainergruppe aus der fernen Volksrepublik China in Bayreuth und im WWG zu Besuch. Unter Ebersbergers Leitung kam es zu einem regen Gedankenaustausch von Experten.
Bis 2001 gehörte er auch dem DFB-Schiedsrichter - Ausschuss an. Während dieser Zeit war er als Spielbeobachter der UEFA im Einsatz. So erzählte er einmal höchst eindrucksvoll und beneidenswert, wie sich sein Aufenthalt während der Beobachtung eines Länderspiels in Albaniens Hauptstadt Tirana im streng abgeschirmten kommunistischen Land gestaltete.
Nicht vergessen werden darf aber, dass Ebersberger über 30 Jahre als verantwortlicher Redakteur die DFB-Schiedsrichter-Zeitung herausgab, „die sein Lebenswerk ist“, so DFB - Vizepräsident Dr. Rainer Koch. Die „Institution“ Ebersberger ermutigte auch einen jungen Kameraden wie mich zum Schreiben.
In Anerkennung seiner großen Verdienste um den Fußballsport erhielt Hans Ebersberger die höchsten Auszeichnungen des DFB, die Goldene Ehrennadel sowie die Ehrenspange. Als Höhepunkt wurde ihm 1993 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse durch den damaligen bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair verliehen.
Der Mensch Hans Ebersberger
Ebersberger liebte seine evangelische Kirche. Das kann ein kurzes Gespräch bei meinem Wechsel vom Staatlichen Gymnasium Lauf an das Städtische WWG in Bayreuth im Jahre 1980 verdeutlichen. Mein neuer Chef lud mich ein, ihn an einem späten Nachmittag in der Spitalkirche zu besuchen, wo er für die Reihe „5 nach 5“ die Andacht hielt. Diese hatte Georg Trakls Gedicht „Der Herbst des Einsamen“ zum Inhalt. Die zahlreichen Besucherinnen und Besucher lauschten ergriffen den einfühlsamen Worten des frei Vortragenden. Bald schon durfte auch ich zu den wenigen gehören, die sich für „5 nach 5“ einteilen ließen. So kann ich heute mit Fug und Recht sagen, dass Hans Ebersberger es gewesen war, der mich nicht nur für seine Schule, sondern auch für diese Andachtsreihe gewann!
Im schulischen Bereich „machte er sich um das kulturelle Wohl der Stadt Bayreuth verdient und war von 1976 bis 2000 Leiter der Volkshochschule Bayreuth. Er sorgte dafür, dass man sich dort auf dem zweiten Bildungsweg auf Abitur und Studium vorbereiten konnte“, schrieb StD Wolfgang Hammon als Chronist des WWG.
Für Außenstehende schien Ebersberger ein strenger Pädagoge zu sein, der forderte, aber zugleich auch förderte. „Verlässlichkeit im Miteinander und Konsequenz im Handeln, dafür stand Hans Ebersberger. Die heute wieder entdeckte erzieherische Leitlinie des Förderns und Forderns war ihm Zeit seines Lebens vertraute Maxime. Verständnis für die Fehler, die unvermeidlich scheinen, hatte er immer. Aber als kluger Lehrer verband er ihr Aufzeigen mit der Forderung, solchen Fehlern so ernsthaft auf den Grund zu gehen, dass sie nur einmal geschehen“, schrieb Lutz Lüttig vom DFB zum Tode Ebersbergers vor nunmehr zehn Jahren in der Schiedsrichter Zeitung.
Beim tödlichen Unfall unseres Schulsprechers Heiko Reinhardt, den Ebersberger schätzte, warteten wir mit Heikos Kameraden der Kollegstufe vergeblich auf dem Stadtfriedhof, als wir erfuhren, dass Heikos Familie die Erlaubnis zur Entnahme seiner lebensrettenden Organe gegeben hatte und seine Bestattung darum verschoben werden musste. Ebersberger bat mich unter Tränen um ein Gebet. Dann liefen wir schweigend zurück zum WWG.
1998 ging Hans Ebersberger in den wohlverdienten Ruhestand. Um den Schulsport nachhaltiger zu fördern, gründete er noch im selben Jahr eine Stiftung mit einem Kapital von 50 000 DM. Diese wurde 2007 in die rechtsfähige Hans-Ebersberger-Stiftung umgewandelt, angesiedelt bei der Schulverwaltung der Stadt Bayreuth und der Förderung des Jugendsports verpflichtet. Ebersbergers Großzügigkeit zeigte sich auch darin, dass er alljährlich selbst noch während seines Ruhestandes als Gast bei der Abiturfeier die besten Facharbeiten der Abiturienten des WWG eigenhändig und von ihm finanziert auszeichnete. Und noch etwas muss erwähnt werden. Zu Ebersbergers vielfältigen Aufgaben gehörte auch sein Auftritt als „unser lieber Hans“ in Camillo Felgens beliebtem „Spiel ohne Grenzen“.
„Während der Sommerferien beherbergt das Gebäude des WWG die Mitglieder des Jugendfestspieltreffens. Auch diese Aktivität geht auf eine Initiative Hans Ebersbergers zurück, der für ein lebendiges Miteinander von WWG und Jugendfestspieltreffen sorgte. Aus diesem Grund widmete dessen Leiterin, Frau Sissy Thammer, das Eröffnungskonzert des Jugendfestspieltreffens 2011 dem Verstorbenen.“ (Wolfgang Hammon)
Mit Hans Ebersberger, einem exzellenten Frankenweinkenner und Liebhaber guter, gefühlvoller Musik - bei der Trauerfeier in St. Georgen wurde das Stück „Zwei Märchenaugen“ von Emmerich Kálmán gespielt - ist ein liebenswerter Mensch und auch ein bescheidener Kollege von uns gegangen, der insbesondere durch seine Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit viele Freunde gewinnen konnte. Sie werden sein Andenken auch fernerhin in Ehren halten.
Dr. theol. Klaus Loscher, Bayreuth