Meine Gesprächspartner waren die drei schwäbischen DFB-Ehrenamtspreissieger des Jahres 2023 Katja Lechner von der SG Alerheim (Kreis Donau), Marika Mertl vom SV Thierhaupten (Kreis Augsburg) und Herbert Steinhauser vom SV Pforzen (Kreis Allgäu). Ihre „Vita“ habe ich am Ende des Gesprächs hinzugefügt.
„Lebenslinien – so heißt eine Sendung des BR, in der interessante Menschen vorgestellt werden. Oft sind es Schauspieler, Schriftsteller oder andere bekannte Persönlichkeiten. Man sieht im Laufe der Sendung, dass auch sie ein ganz normales Leben führen, mit Höhen und Tiefen, so wie wir alle, wie sie denken, wo ihre Prioritäten liegen. Als ich anlässlich des 25. Ehrenamtstags im Augsburger Kurhaustheater die drei schwäbischen DFB-Ehrenamtspreissieger des Jahres 2023 traf, hatte ich eine ähnliche Wahrnehmung. Im Gespräch erkannte ich: Hier sitzen drei Leute, die für dieselbe Sache brennen wie ich, die für gleiche Werte stehen und in dieselbe Richtung „ticken“ wie ich. Es war für mich ein höchst lehrreiches Gespräch; einerseits inhaltlich, weil für mich neue Fakten und Argumente aus der Basisarbeit des Fußballs angesprochen wurden, andererseits auf einer „höheren“ Ebene, als mir – wieder einmal – bewusst wurde, dass unser Amateurfußball im Wandel der Zeiten einer stetigen Veränderung unterliegt, die wir nur gemeinsam, Vereine und Verband, in den Griff bekommen können.
Ich frage meine Gesprächspartner, welche Ziele sie sich für ihr Ehrenamt und den Fußball gesetzt haben. Man kann auf Anhieb aus den Antworten auch die Funktion entnehmen, die sie im Verein innehaben. Marikas Statement kommt wie aus der Pistole geschossen: „Mein Ziel ist die Integration der Frauen und Mädchen im Verein“. Katja ist wie Marika auch Abteilungsleiterin der Frauen und Mädchen, deswegen gleichen sich die Ziele der beiden. Katja hat aber noch eins draufzusetzen: „Unser Verein hat seit 50 Jahren durchgehend einen Spielbetrieb im Frauenfußball. Ich will diese Tradition lückenlos fortsetzen und helfen, den Verein für alle lebendig und aktiv zu halten“. Herbert hatte als Jugendtrainer und Vorsitzender der JFG Ostallgäu Nord die letzten zehn Jahre Ziele in zwei verschiedenen Bereichen: „Ich möchte dazu beitragen, dass unsere Kinder und Jugendlichen sich bewegen und körperlich sowie sozial gesund bleiben“. Außerdem setzte er seine ganze Kraft dahinter, die Jugendarbeit der Fußballklubs aus Pforzen und Mauerstetten zu koordinieren und zu fördern. Dabei sind sich die drei Vereinsarbeiter in einem Punkt restlos einig. Herbert formuliert es so: „Wenn man sich über die Jahre ein gewisses „Standing“ erarbeitet hat, dann kann man für seine Ziele und die Sportler, die man vertritt, auch mehr erreichen“.
Bekommt man für alle die Arbeit, Mühe und Leidenschaft, die man in den Fußball setzt, auch etwas zurück? Marika schildert auf diese Frage zunächst die innere Freude, die sie selbst empfindet, wenn sie etwas für ihre Mädchen organisiert hat und dann sehen kann, dass es allen gefällt und sie gerne dabei sind. Dazu erwähnt sie die positive Rückmeldung der Eltern: „Es tut schon gut, wenn dir gesagt wird, dass die Mädels nur wegen dir kommen“! Katja beschreibt darüber hinaus eine „indirekte“ Rückmeldung und erzählt von ihrer eigenen Freude, wenn sie in strahlende Augen sehen kann. Und Herbert berichtet von seiner eigenen Zufriedenheit, wenn er es beispielsweise in seinem Verein geschafft hat, trotz hoher Konkurrenz anderer Sportarten über Jahre hinaus stets über zehn Mädchen in den Junioren-Spielbetrieb zu integrieren. Für mich überraschend outen sich alle drei schwäbischen Kreissieger in Bezug auf das eigene Erstaunen, wenn man plötzlich im Rahmen einer glanzvollen Veranstaltung wie der im GOP-Theater vom Verband für seine Arbeit ausgezeichnet wird. „Da merkt man erst, dass der persönliche Einsatz etwas wert ist, wenn andere ihn würdigen,“ so Marika und Katja pflichtet ihr bei: „Man sieht sich in der alltäglichen Ausübung seines Ehrenamts selbst nicht als so groß, man merkt erst bei einer Ehrung, dass diese Arbeit für die Gesellschaft wirklich etwas wert ist.“ Deshalb sei es wichtig, im Verein einen Ehrenamtsbeauftragten zu haben, der die Anliegen der ehrenamtlich Tätigen und auch ihre Zufriedenheit im Blick hat. Ich bemerke sehr wohl, dass hier Leute direkt ins Horn der Ehrenamtsbewegung stoßen, die täglich an der Basis arbeiten. Damit ist nämlich eine wertvolle Idee transportiert, die dem Ehrenamt in Zeiten mangelnden Personals meiner Meinung nach sehr helfen könnte! Das bedeutet aber im Umkehrschluss für die Clubs, dass sie mit dem Einsetzen eines VEAB (Vereins-Ehrenamtsbeauftragten) schon etwas beitragen müssen zu einer gedeihlichen Weiterentwicklung des Ehrenamts.
Sehr lebendig und sachkundig wird die Diskussion als ich danach frage, wo ehrenamtliche Vereinsmitarbeiter die dringendsten Aufgaben der Fußballfamilie für 2024 sehen. Unisono, quasi im Chor die Antwort: „Nachwuchs gewinnen“! Wieder fühle ich mich bestätigt; auch der BFV hat sich das als wichtiges Ziel auf die Fahnen geschrieben. Und dann plötzlich macht es bei mir „Klick“, als wir beim Thema Minifußball landen. Es kommen nämlich zunächst authentische Aussagen, die bestätigen, dass die Freude am Spiel und der gemeinsame Spaß beim Sport gerade für die Youngsters ungeheuer wichtig sind. Katja und Marika zum Beispiel erklärten, dass sie anlässlich ihres Trainings „Ballbina kickt“ beobachten wie diese Art des Fußballs den kleinen Anfängern „besser tut“; keiner kann sich verstecken, jeder muss mitmachen und allen gefällt’s. Dann aber erinnert Herbert daran, dass man den Minifußball und die gute Gelegenheit, den Nachwuchs durch den Spaß am Spiel zu gewinnen, nicht isoliert sehen darf. Er regt an, den Fokus auf die E-Jugend zu richten. Nach der E-Jugend entsteht nämlich seiner Meinung nach ein Bruch. Es wurde noch nie mit einem Torwart gespielt, dazu kommen Rückpass-Spiel und Abseits und das alles innerhalb kürzester Zeit. Zudem findet er die vielen Möglichkeiten der Meldung bis zur E-Jugend manchmal verwirrend. … Genau deswegen hat’s bei mir geklickt! Hier denkt ein Vereinsvertreter weiter, zeigt seine Problematiken auf und regt zum Nachdenken an. An einem solchen Punkt kann ein Austausch zwischen Vereinen und Verband sich mit Lösungswegen beschäftigen und gemeinsame Wege in die Zukunft finden. Genau mein Credo: Es geht nur gemeinsam.
Beim letzten Stichpunkt des Tages zeigt sich das gleich noch einmal. Es geht um das Standing des Frauenfußballs. Katja und Marika berichten, dass die diesbezüglichen Anstrengungen des Verbands einen Aufbruch im Mädchenfußball zur Folge haben, der ihren Regionen einen steigenden Zulauf beschert. Wenn sich die Mädchen im Team zusammenfinden können, dann hören auch weniger wieder auf. Aber das braucht Zeit und eine Akzeptanz im Verein, denn man will nicht nur dabei sein, sondern mittendrin! Wieder geht es nur gemeinsam, der Boden ist bereitet, nun müssen die Vereine die Mädchen als Aktive und Mitglieder halten. Hier äußern Katja und Herbert den Wunsch einer Ausweitung der Trainerausbildung an den BFV, denn ein guter Coach ist die halbe Miete! Es muss ja nicht gleich eine Lizenz sein, auch ein niederschwelliges Angebot würde reichen. Der heiße Tipp von Marika dazu, der bestätigt, dass der BFV auch hier schon in die Gänge gekommen ist: Fit for Kids!
Nach dem Gespräch genießen wir alle den 25. Ehrenamtstag des BFV Schwaben, zu dem wir eingeladen sind. Da spricht der neu gewählte Vizepräsident des politischen Bezirks Schwaben, Peter Schiele aus Fremdingen, in seinem Grußwort von der Würdigung ehrenamtlicher Verdienste als Motivation, quasi „Sprit“ für das Weiterlaufen des individuellen Ehrenamtsmotors. Dieses Gespräch hat mir persönlich solchen „Sprit“ gegeben. Denn eigentlich wollte ich nach 16 Interviews der Reihe „Im Gespräch mit Gabi Ott“ einen Schlusspunkt setzen. Diese Unterhaltung aber hat es meiner Meinung nach verdient, dass über sie geschrieben wird. Ich würde mich freuen, wenn Sie sie mit Interesse gelesen hätten.
Katja Lechner SG Alerheim, Kreis Donau |
Marika Mertl SV Thierhaupten, Kreis Augsb. |
Herbert Steinhauser SV Pforzen, Kreis Allgäu |
Alter: 32 |
Alter: 55 |
Alter: 54 |
Wohnort: Wemding |
Wohnort: Thierhaupten |
Wohnort: Pforzen |
Familie: verheiratet, 2 Kinder (1 und 3) |
Familie: verheiratet, zwei Töchter (22 und 23), Hauptperson: Enkel Valentin (2 Jahre) |
Familie: verheiratet, drei Söhne (zwei aktiv als Fußballer und Schiedsrichter) |
Beruf: Diplom-Verwaltungswirtin |
Beruf: Rechtsanwalts-Fachangestellte |
Beruf: Firmeninhaber Industrieproduktion |
Wie kam sie zum Fußball? „Ich bin ein Sportplatzkind“. Meine Eltern spielten beide Fußball. Wir haben von klein auf unsere Wochenenden am Fußballplatz verbracht. Ich spiele selbst seit der F-Jugend Fußball.“ |
Wie kam sie zum Fußball? „Ich habe selber gespielt und war immer mit meinem Vater auf dem Sportplatz“. |
Wie kam er zum Fußball? -mit vier Jahren aktiv angefangen -25 Jahre selbst gespielt -Jugendtrainer seit 2006 |
Laufbahn im Verein? -seit ca. acht Jahren Abteilungsleitung Frauen und Mädchen -Vorstandschaft acht Jahre als Schriftführerin, im Wirtschafts- und Sportteam -zwei Jahre Trainerin des Mädchenteams -seit fünf Jahren Trainerin „Ballbina kickt“ -ansonsten „Mädchen für alles“ |
Laufbahn im Verein? -zehn Jahre Vorstand Öffentlichkeitsarbeit -Abteilungsleiterin Frauen und Mädchen -seit 1998 beim SVT Trainerin von der G-Jugend bis zu den Frauen -aktive Spielerin beim TSV Unterthürheim und beim SV Genderkingen |
Laufbahn im Verein? -2006 – 2013: Jugendtrainer in Pforzen -2013 – 2023: Vorsitzender der JFG Ostallgäu Nord und Trainer in der JFG, derzeit U17-2 |