Sicheres Auftreten und eine berechenbare Linie zeichnen einen guten
Schiedsrichter aus – „Bin kein Freund des Videobeweises“
Semerskirchen/Kelheim/Mallersdorf/Rottenburg (hm)
Fußballtrainer Michael Köllner referierte im Rahmen der Juli-Versammlung bei den
Schiedsrichtern der Schiedsrichtergruppe Kelheim Mallersdorf im Gasthaus
Haselbeck in Semerskirchen. Dabei berichtete der 55-jährige, aus Fuchsmühl
stammende, bekennende Oberpfälzer über seine Erfahrungen als Fußballtrainer
beim damaligen Erstligisten 1. FC Nürnberg sowie bei den Drittligisten TSV 1860
München und FC Ingolstadt. Zudem gab er den Unparteiischen Tipps, was seiner
Meinung nach einen guten Schiri ausmacht. Zudem sprach er sich gegen den
Videobeweis aus, weil dadurch dem Fußball die so wichtige Emotionalität genommen
wird. Über 120 Fußballschiedsrichter aus der Schiedsrichtergruppe Kelheim-
Mallersdorf waren zu der Versammlung mit Michael Kölner in das Gasthaus
Haselbeck nach Semerskirchen gekommen.
Der Profifußball mit seinen Gesetzmnäßigkeiten
Michael Köllner war in der Saison 2017/18 mit einer Durchschnittsmannschaft mit
dem 1. FC Nürnberg völlig überraschend in die 1. Bundesliga aufgestiegen. Die
Fußballexperten wissen, dass der Club damals wichtige Spieler abgab und keine
adäquaten Neuzugänge holte, so dass er bereits vor Saisonbeginn als Absteiger Nr.
1 gehandelt wurde.
Mein Ziel, so Michael Kölner, der sich selbst als begeisterten Fußballer bezeichnete,
war es, bereits in jungen Jahren mit dem Fußball sein Geld zu verdienen. Dies habe
ich relativ früh geschafft, in dem ich Engagements zunächst als Spielertrainer und
dann als Trainer im Verband und in Nachwuchsleistungszentren annahm. In der
Umstellung der Talentförderung im Jahr 2002 wurde er zunächst hauptamtlicher
Stützpunktkoordinator im Bayer. Fußballverband mit Schwerpunkt Ostbayern. Nach
zwölf Jahren im Nachwuchsbereich, in denen er auch seinen Fußballlehrer gemacht
hatte, wurde er dann als Nachwuchstrainer vom 1. FC Nürnberg verpflichtet. Im Mai
2017, als der 1. FC Nürnberg um den Klassenverbleib in der 2. Bundesliga kämpfte,
wurde ihm die Position des Cheftrainers anvertraut. Ein Jahr darauf, in der Saison
2017/18, stieg er mit dem 1. FC Nürnberg völlig überraschend in die 1. Bundesliga
auf. Der Klub stand in der 1. Bundesliga sofort auf verlorenen Posten, da einige der
besten Akteure den FCN verlassen hatten. So wurde er im Februar 2019 entlassen.
Diese Entlassung habe ihn doch schwer getroffen, bekannte Michael Köllner,
Von November 2019 bis zum Januar 2023 stand er als Cheftrainer beim
Traditionsverein TSV 1860 München unter Vertrag. Bereits im April 2023 übernahm
er dann als Cheftrainer den Drittligsten FC Ingolstadt, den er bis Mai 2024 betreute.
Als Trainer wird man im Ergebnissport Fußball an Siegen und guten Platzierungen
gemessen: „Man sitzt auf gepackten Koffern und wartet auf passende Angebote.
Wenn es dann so weit ist, geht es schnell und man muss sich meist binnen 48
Stunden entscheiden, ob man das Engagement annehmen will oder nicht!“
Im letzten Jahr, erhielt er noch vor Saisonbeginn ein Angebot eines österreichischen
Erstligisten, der der nach einem neuen Übungsleiter Ausschau hielt. So schnell und
unbarmherzig ist der bezahlte Fußball geworden. Der Druck auf die Vereine, Trainer
und Spieler ist durch Social-Media-Geschichten heute viel stärker geworden und
erfährt eine Dynamik, die kaum mehr eingefangen werden kann. Da können 50 bis
60 Leute, die auf Facebook oder Instagram einfach was posten, ganz viel Unheil
anrichten. Dass auch die Medien und so mancher „Experte“ schon Trainer
abgeschossen haben, lässt sich nicht leugnen.
In den letzten Monaten beschäftigte ich mich mit den Themen „Leadership,
Führungsqualitäten und Führungsaufgaben.“ Das Anforderungsprofil eines
Fußballtrainers im bezahlten Fußball hat mittlerweile eine Dimension angenommen,
die sich um ca. 30 Spieler sowie auch 15 bis 20 Leute aus dem Teammanagement
dreht. Das ist heute schon eine brutale Aufgabe die einzelnen Gruppen zu steuern
und da ein guter Chef zu sein. Denn nur wenn das Zwischenmenschliche zwischen
dem Staff und den Spielern stimmt, werden auch optimale Leistungen von den
Spielern erbracht. Nach seinem Lieblingsverein befragt, sagt Köllner wie aus der
Pistole geschossen, das wäre Borussia Mönchengladbach. Gladbach ist für mich so
ein richtiger Kultverein. Ausgehend von den erfolgreichen „Gladbacher Fohlen“ aus
den 70er Jahren ist mittlerweile eine riesige Infrastruktur in diesem Verein aufgebaut
worden. Es ist schon ein Privileg Vereine zu trainieren, die einfach eine Tradition
haben, ein großes Fanpublikum. Ein solches Gefühl habe ich auch auf meinen
Stationen beim Club in Nürnberg und bei den 60ern in München erfahren dürfen. Aus
reinen Selbstschutzgründen schaue er keine Sendungen wie Doppelpass und den
dort preisgegebenen Meinungen von Experten, weil hier von außen ohne die
notwendige Sachkenntnis viel hinein- interpretiert wird. Daher lese ich selbst auch
keine Zeitungsberichte über mich. Das was ich dabei wissen muss, teilt mir meine
Frau schon mit.
Befragt nach dem Einfluss von Managern bzw. Vereinsbossen auf die Trainer,
antwortete Köllner: „Bei meinen Engagements wurden Neuverpflichtungen schon mit
dem Trainer abgesprochen. Darin besteht schon eine bestimmte Gefahr, weil die
Trainer schon sehr oft wechseln und als schwächstes Glied in der Kette beim
Misserfolg meistens gehen müssen. Natürlich musst du als Trainer auch wissen,
wenn du Spieler verpflichtest, wie viel Geld die kosten und dass sie am Ende auch
spielen sollen. Das Kapital der Vereine sind natürlich auch die Marktwerte der
Spieler, die entscheidend sind für die Bilanzen der Vereine. Wird z.B. ein Spieler für
3 Millionen Euro eingekauft und der Verein muss ihn für 500.000 Euro weiter
verscherbeln, so sind mit einem Schlag 2,5 Millionen Euro vernichtet. Jeder einzelne
Platz in der Endtabelle hat dabei eine besondere Bedeutung, denn beim 1. FC
Nürnberg habe ich durch den Verlust eines einzelnen Spieles erfahren müssen, dass
dem Verein 2,45 Millionen Euro an Fernsehgeldern verloren gingen.
„Bin seit 33 Jahren auch Fußballschiedsrichter“
Michael Köllner sagte, dass er vor 33 Jahren seine Schiedsrichterprüfung gemacht
habe und seither der Schiedsrichterei verbunden geblieben ist. So referiert er bei
Neulingskursen und war auch schon im Trainingscamp vom Bundesligisten zur
Vorbereitung auf die Bundesliga Saison in der 1. und 2. Liga zum
Erfahrungsaustausch mit den Spielern und Offiziellen zu stellen. Als Trainer im
bezahlten Fußball hat man natürlich bei den Schiedsrichtern nicht nur Freunde. Ein
Schiedsrichter hat sehr wohl durch seine Spielleitung einen großen Einfluss auf den
Verlauf des Spiels. Schlimm wird es dann, wenn ein Schiedsrichter seine
Unsicherheit durch Arroganz überspielt und so die Übersicht über das Geschehen
auf dem Platz verliert. Ein guter Schiedsrichter wie der Münchner Felix Brych
überzeugt durch sein Auftreten auf dem Platz. Schade findet Köllner, dass die
Schiedsrichter heute nur mehr an ihren Fehlern gemessen werden. So kann es
einem Referee durchaus passieren, dass er einen schlechten Beobachtungsbogen
erhält und damit alte Rechnungen aus einer früheren Beobachtung eines anderen
Schiedsrichters beglichen werden. Deshalb finde ich das Beobachtungssystem als
ungerecht und gehört seiner Maiung nach abgeschafft. Köllner outete sich auch als
kein Freund des Videobeweises, weil dadurch die Emotionen aus dem Fußball
genommen werden. Ich akzeptiere lieber eine Fehlentscheidung, weil für mich das
unmittelbare Erlebnis eines Spielergebnisses den Fußball ausmacht. Das
minutenlange Warten, ob ein erzieltes Tor auch zählt, ist für mich einfach ein
massiver Einfluss auf das Fußballerlebnis. Hinzu kommt, dass ein Schiedsrichter bei
der Spielleitung eine bestimmte Linie verfolgt und mit dem Videoassistenten greift
natürlich einer ein, der weder das Spiel in der Atmosphäre noch in der Brisanz
mitbekommt. In der 3. Liga habe ich es immer geschätzt. Wenn es ein Tor war, ist es
auch ein Tor. Und wenn es weggepfiffen wurde, dann ist es halt auch so. Aus meiner
Sicht werden durch den Videobeweis auch die Autorität und die Souveränität für den
Schiedsrichter auf dem Platz untergraben, resümierte Michael Köllner.
Die Schiedsrichter dankten Michael Köllner für seine Ausführungen mit einem
starken Beifall und Schiedsrichterobmann Matthias Prantl überreichte ihm als
Dankeschön eine großen Regenschirm von der Schiedsrichtergruppe Kelheim-
Mallersdorf.
Bilddatei: B-Köllner-SR-Kelheim-Mallersdorf
v.li. stv. Obmann Magic Mayer, Trainer Michael Köllner, Obmann Matthias Prantl,
Sportfunktionär Martin Huber, stv. Obmann Markus Huber, und Lehrwart Golo
Schricker
Text/Bild: Martin Haltmayer