Robin Ungerath, Torjäger beim SV Wacker Burghausen, ist der Senkrechtstarter in der Regionalliga Bayern. 2018 spielte der inzwischen 22 Jahre alte Angreifer noch in der Kreisliga für den TSV Bad Endorf. Im BFV.de-Interview spricht Ungerath über seinen Traumstart in Burghausen, sein BWL-Studium, seine Work & Travel-Erfahrung am anderen Ende der Welt und seine Zukunftspläne.
Nach Ihren ersten acht Regionalligaspielen führen Sie die Torschützenliste in der Regionalliga Bayern mit acht Treffern an. Wie lautet Ihr Erfolgsgeheimnis, Herr Ungerath?
Robin Ungerath: Ich bin topmotiviert, will jedes Spiel gewinnen und immer meine beste Leistung auf den Platz bringen, um dem Team zu helfen. Dass es bislang fast immer mit einem Tor geklappt hat, ist umso schöner für mich.
Wie haben Sie Ihren Torriecher entwickelt?
Ungerath: Ich habe bereits im Jugendbereich und im unterklassigen Fußball immer im Angriff gespielt und über die Jahre ein gutes Gespür dafür entwickelt, wie ich mich vor dem Tor verhalten muss. Als Stürmer schießt man halt weitaus öfters auf das Tor als jeder andere Spieler. Aus diesem Grund bekommt man ein gewisses Gefühl dafür, wo das Tor steht und wann man am besten abschließt. Dennoch konnte ich ganz sicher nicht davon ausgehen, dass es als Neuling in der Regionalliga von Beginn an so gut läuft. Da bin ich auch selbst ein wenig überrascht. (lacht)
Gibt es vielleicht Vorbilder, von denen Sie sich etwas abgeschaut haben?
Ungerath: Ich bin Stuttgart-Fan und habe mir immer gerne Ex-Nationalstürmer Mario Gomez im VfB-Trikot angeschaut. Ich fand sein Positionsspiel im Strafraum sehr gut. Und über Cristiano Ronaldo müssen wir erst gar nicht reden. (lacht) Er ist nicht nur für mich ein großes Vorbild.
Besonders bemerkenswert ist, dass Sie vor drei Jahren noch in der Kreisliga für den TSV Bad Endorf am Ball waren. Wie fühlt sich Ihr kometenhafter Aufstieg an?
Ungerath: Für mich kann es momentan gar nicht besser laufen. Ich lebe beim SV Wacker meinen Traum. Wir stehen nach dem achten Spieltag auf dem dritten Tabellenplatz, haben Tuchfühlung zur Spitze. Keiner von uns hatte damit gerechnet. Ich bin Teil des Ganzen und habe mir auf Anhieb einen Stammplatz erarbeitet. So kann es weitergehen.
Mal ehrlich: Hätten Sie eine solche Entwicklung damals in Bad Endorf ernsthaft für möglich gehalten?
Ungerath: Nein, natürlich nicht. Das Thema, eventuell mal höher spielen zu können, war zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon abgehakt. Als sich dann aber die Möglichkeit ergeben hat, zum TSV 1880 Wasserburg in die Landesliga zu wechseln, habe ich die Chance genutzt. Es war meine beste Entscheidung, denn danach ging es nur noch steil bergauf.
Gibt es noch Kontakt zu Ihren früheren Kreisliga-Kollegen und wie reagieren die Kumpels auf Ihren Aufstieg?
Ungerath: Der Kontakt ist nie abgerissen. Die Jungs freuen sich für mich. Viele waren auch schon mehrfach in Burghausen im Stadion, um mir die Daumen zu drücken. Dafür nehmen sie immerhin eine Fahrstrecke von einer Stunde in Kauf. Das freut mich sehr. Wenn es zeitlich klappt, besuche ich ebenfalls nach wie vor gerne ihre Spiele.
Tore wecken bekanntlich bei anderen Klubs Begehrlichkeiten. Wohin soll Ihr Weg denn noch führen?
Ungerath: Darüber mache ich mir momentan keine Gedanken. Ich bin gerade erst beim SV Wacker angekommen, möchte meine Leistungen Woche für Woche bestätigen, eine coole Saison mit Burghausen spielen und mich weiter verbessern. Mein Vertrag läuft bis zum Sommer 2023, danach sehen wir weiter. Ich fühle mich sehr wohl. Es ist für mich eine Ehre, für einen traditionsreichen Klub wie Wacker Burghausen auflaufen zu dürfen.
In welchen Bereichen müssen Sie sich noch verbessern?
Ungerath: Man kann nicht aus jeder Chance ein Tor erzielen. Aber beim jüngsten 4:0-Sieg am Dienstag beim TSV Rain/Lech habe ich zwei dicke Dinger ausgelassen. Das hat mich schon geärgert. Grundsätzlich kann ich mich sicher in allen Bereichen noch steigern. Bei jedem weiteren Schritt in eine höhere Liga werden die Anforderungen an das Spielverständnis, die Ballkontrolle und das Tempo anspruchsvoller. Bisher habe ich es aber ganz gut hinbekommen, mich anzupassen und an mir zu arbeiten.
Was sehen Sie Ihre Stärken?
Ungerath: Ich würde sagen, dass ich zu den so genannten Mentalitätsspielern gehöre, in jeder Partie an oder sogar über meine Grenzen zu gehen. Meine Schnelligkeit kann ich bei Anspielen in die Tiefe sehr gut ausnutzen. Außerdem suche ich in der Regel schnell den Abschluss, fackele nicht lange vor dem Tor.
Woher kommt die Schnelligkeit? Sind Sie durch andere Sportarten vorbelastet?
Ungerath: Tatsächlich. (lacht) Ich habe während meiner Jugendzeit neben dem Fußball auch zwei Jahre Leichtathletik gemacht. Das hat mir sehr viel gebracht. Ich habe mich als Zehnkämpfer ausprobiert und fand die Sprintwettbewerbe besonders interessant. Ich war damals ein Allrounder, konnte zwar alles, aber nichts so richtig. (lacht)
Welchen Einfluss hatte Wacker-Trainer Leonhard Haas, mit dem Sie bereits nach Ihrem Wechsel vom TSV Bad Endorf zum TSV 1880 Wasserburg zusammengearbeitet hatten?
Ungerath: Als ich zum TSV Wasserburg wechselte, spielte der Klub noch in der Landesliga. Gleich im ersten Jahr sind wir in die Bayernliga aufgestiegen. In der zweiten Saison haben wir dort auch direkt oben mitgespielt, bis die Saison wegen der Corona-Pandemie abgebrochen wurde. Als Leo dann nach Burghausen wechselte, sind wir weiterhin in Kontakt geblieben. Er war und ist mein Ansprechpartner in fußballerischen Fragen und war auch der ausschlaggebende Punkt, dass ich ihm nach Burghausen gefolgt bin. Schon jetzt kann ich sagen: Es war für mich genau der richtige Schritt.
Dabei wollten Sie vor Ihrem Wechsel nach Burghausen doch eigentlich in den USA ein Studium antreten, oder?
Ungerath: Das stimmt. Vor einem Jahr hatte ich bereits meine Wohnung gekündigt und mein Auto verkauft. Ich konnte meine geplante Reise in die USA jedoch wegen Corona nicht antreten, verschob sie zunächst auf Dezember. Während dieser Zeit hatte ich dann viele Gespräche mit Trainer Leo Haas geführt. Letztendlich habe ich die USA für den Wechsel zum SV Wacker Burghausen aufgegeben, was ich im Nachhinein aber nicht bereue. Die Staaten müssen warten. (lacht)
Ohnehin scheinen Sie Abenteuer nicht zu scheuen. Nach Ihrem Abitur unternahmen Sie einen längeren Work & Travel-Trip nach Australien. Was hatte Sie dazu veranlasst?
Ungerath: Nach meinem Abitur hatte ich mir einen Flug nach Sydney gebucht und bin für acht Monate nach Australien. Damals spielte ich noch in der Kreisliga. Von daher war klar, dass ich es machen werde. Ich habe viele Leute kennengelernt, bin viel herumgereist und habe mir mit kleinen Aushilfsjobs meinen Lebensunterhalt verdient. Es war eine Mega-Zeit.
Wie sehr hat Sie diese Erfahrung geprägt?
Ungerath: Ich war damals mit 18 Jahren auf mich allein gestellt. lm Rückspiegel betrachtet, hat diese Auslandserfahrung definitiv meine Selbstständigkeit gefördert.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich sportlich wie privat noch vorgenommen?
Ungerath: Ich studiere im fünften Semester BWL, möchte in den nächsten eineinhalb Jahren meinen Bachelor am Campus in Burghausen machen. Ein abgeschlossenes Studium ist mir sehr wichtig. Sportlich will ich möglichst noch weiter nach oben kommen. Aktuell bleibe ich aber auf dem Boden, mache mein Ding und will das Maximale mit dem SV Wacker herausholen.
BFV-Interview: Peter Haidinger/MSPW