Seit März konnten Sie wegen Ihrer Knieprobleme keine Partie mehr absolvieren, nachdem Sie zuvor bereits dreimal nach Kreuzbandrissen für lange Zeit außer Gefecht waren. Wie verarbeiten Sie immer wieder diese Rückschläge?
Welzmüller: Das ist eigentlich ganz einfach: Ich bin dankbar dafür, dass ich jeden Tag als Fußballspieler aufwachen darf. Ich weiß, dass ich ein privilegiertes Leben führe. Es ist nicht selbstverständlich, 24 Stunden am Tag daran zu arbeiten, schnellstmöglich wieder fit zu werden und dafür auch noch bezahlt zu werden. Hinzu kommt, dass wir in der Region und auch in der Großstadt München mit den besten Physiotherapeuten ausgestattet sind. Das alles zeigt mir, dass eine Sportverletzung nicht das Wichtigste auf der Welt ist. Bevor ich den Kopf hängen lasse, denke ich an all die Menschen, die es schwerer getroffen hat als mich.
Wie gehen Sie im Kopf damit um?
Welzmüller: Ich habe während meiner aktiven Laufbahn für mich eine Regel aufgestellt: Maximal am Tag der Verletzung darf ich traurig und deswegen auch geknickt sein. Sobald aber der neue Tag anbricht, gebe ich alles, um wieder auf den Platz zurückzukehren. Das hilft mit dabei, mich auf die Rückkehr zu fokussieren.
Was treibt Sie an, dass Sie immer wieder zurückkommen?
Welzmüller: Hier in Haching ist in den vergangenen Jahren etwas entstanden, zu dem ich unbedingt auch weiterhin meinen Teil dazu beitragen will. Ich will aktiv mithelfen, die gesetzten Ziele zu erreichen. Auch meine Familie unterstützt mich immer wieder so gut wie möglich. Aber auch wenn ich auf dem Platz nicht helfen kann, versuche ich die Mannschaft nach meinen Möglichkeiten zu unterstützen. Wenn ich die Gelegenheit dazu habe, bin ich auch bei allen Trainingseinheiten dabei - bei den Spielen sowieso.
Apropos Familie und Rückkehr: Ihr gleichaltriger Bruder Maximilian ist seit wenigen Wochen wieder zurück bei der SpVgg Unterhaching. Wie sehr freuen Sie sich auf die gemeinsame Zeit bei der SpVgg?
Welzmüller: Puh, das ist völlig unbeschreiblich. Nach 15 Jahren stehen wir wieder gemeinsam auf dem Platz. Das ist im Fußball eine verdammt lange Zeit. Noch bevor ich vor sieben Jahren die Kapitänsbinde bei der SpVgg übernahm, war er bereits Spielführer. Jetzt ist Maxi zurück. Dadurch schließt sich auch ein Kreis. Es gibt wohl keinen Menschen, der mich besser kennt als er. Ich freue mich riesig, dass wir wieder gemeinsam auf dem Platz stehen können.
Damit fehlt jetzt eigentlich nur noch Lukas, um die Welzmüller-Drillinge zu vereinen, oder?
Welzmüller: Das stimmt. Ich denke aber nicht, dass es soweit kommen wird. (lacht) Luki hat sich vom Leistungssport ein wenig abgewendet. Unser Trainer Sandro Wagner kann sich allerdings einen Transfer in einem anderen Bereich vorstellen. (lacht)
Und zwar?
Welzmüller: Unser Bruder Lukas ist sehr gut in der Ultraszene vernetzt. Beim FC Bayern München hat er seine eigene Fangruppierung gegründet. Der Trainer hatte deshalb schon mal scherzhaft nachgefragt, ob er nicht auch bei der SpVgg einsteigen will. Als Gründer einer Gruppe von Bayern-Anhängern ist das aber wohl keine gute Idee. (lacht) Aber im Ernst: Auch Lukas kommt regelmäßig zu den Spielen vorbei. Ich freue mich sehr, wenn er unter den Zuschauern ist.
Trotz Ihrer langen Verletzungshistorie hat die SpVgg Unterhaching Ihren Vertrag erst kürzlich bis 2024 verlängert. Sehen Sie das als besondere Wertschätzung für Sie an?
Welzmüller: Ich glaube, ein solches Verhalten habe ich im bezahlten Leistungssport noch nicht erlebt. Dafür bin ich unendlich dankbar und es macht mich stolz, ein Teil dieses Vereins zu sein. Für unseren Trainer Sandro Wagner, das Trainerteam und auch für unseren Vereinspräsidenten Manfred Schwabl war es scheinbar klar, den Weg mit mir weitergehen zu wollen. Für mich ist es wie ein Sechser im Lotto. Diesen Vertrauensvorschuss will ich in den kommenden Wochen und Monaten zurückzahlen. Auch dass ich als Kapitän der Mannschaft bestätigt wurde, ist für mich eine besondere Wertschätzung. Es ist eine große Ehre und erfüllt mich mit Stolz.
Nicht zuletzt wegen einiger Neuverpflichtungen - beispielsweise Ihres Bruders Maximilian sowie von Angreifer Mathias Fetsch oder Torhüter René Vollath - wird die SpVgg Unterhaching in der Regionalliga Bayern zu den Titelfavoriten gezählt. Was ist in dieser Saison möglich?
Welzmüller: Keine Frage, wir haben einige sehr gute Spieler hinzubekommen. Außerdem ist der Großteil der bisherigen Mannschaft beisammengeblieben. Für den Verein war es sicherlich ein Vorteil, dass er bereits ab der Winterpause für die neue Saison planen konnte. In der Meisterschaft war schließlich schon frühzeitig absehbar, dass wir nicht mehr in das Meisterschaftsrennen eingreifen können. Das soll sich diesmal ändern.
Die SpVgg Unterhaching eröffnet die Saison mit dem Gastspiel beim TSV Buchbach. Wie wichtig wären die drei Punkte zum Saisonstart?
Welzmüller: Es ist kein leichter Gegner zum Auftakt. Wir spielen bei einem Dorfklub, der sich schon über viele Jahre in der Regionalliga festgesetzt und stets behauptet hat. Wir müssen uns auf eine harte Gangart des TSV einstellen. Unser Ziel ist aber klar: Wir wollen in der neuen Saison immer das Maximale erreichen. Unser Anspruch ist es, ganz oben mitzuspielen. Dafür wollen wir in Buchbach den Grundstein legen und uns eine Portion Selbstvertrauen abholen.
Die SpVgg geht bereits in die zweite Saison mit Ex-Nationalspieler Sandro Wagner als Trainer. Was bedeutet es, einen so erfahrenen Profi an der Seitenlinie zu haben?
Welzmüller: Sandro Wagner ist ein Glücksfall für Unterhaching. Er arbeitet mit seinem Trainerteam extrem akribisch und überlässt nichts dem Zufall. Auch wenn er als Trainer noch sehr neu im Geschäft ist, macht seine Erfahrung aus seiner aktiven Laufbahn das wieder wett. Vielleicht liegt genau darin auch sein großer Vorteil. Da er direkt vom Platz an die Seitenlinie gewechselt ist, kann er sich in viele Situationen gut hineinversetzen. Aber auch neben dem Platz schafft er es in einer beeindruckenden Art und Weise, uns zu verbessern. Dafür greift er auf verschiedene Methoden zurück. Zum Beispiel bereitet er mit seinem Trainerteam Workshops vor, die uns zu verschiedenen Themen und Bereichen - teilweise auch abseits des Platzes - weiterentwickeln sollen. Auch im Bereich der Teambildung leistet er sehr gute Arbeit. Hier herrscht in den Trainingseinheiten immer eine hervorragende Stimmung.
Ihr Bruder Maximilian hat nach seiner aktiven Laufbahn bereits ein Engagement und damit eine Rückkehr zum FC Bayern München eingeplant. Haben Sie sich auch schon über die Zeit danach Gedanken gemacht?
Welzmüller: Ich schreibe aktuell an meiner Doktorarbeit. Bis ich diese fertiggestellt habe, wird aber noch ein wenig Zeit verstreichen. Danach will ich noch ein bis zwei Jahre Fußball spielen, ohne mich um etwas anderes kümmern zu müssen. Das wird wohl auch das erste Mal sein, wo ich nebenbei nicht studiert habe. Nach meiner aktiven Laufbahn kann ich mir dann eine Rolle als Sportdirektor oder im Management vorstellen. Bis es aber soweit ist, konzentriere ich mich aber noch auf meine Karriere als Fußballer.
Autor: Filippos Kounelis/MSPW
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