Trainerausbildung mit Signalwirkung: Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) hat in der Sportschule Oberhaching erstmals einen DFB-Basis-Coach-Lehrgang speziell für Menschen mit Hörbeeinträchtigung durchgeführt – und damit ein starkes Zeichen für mehr Inklusion gesetzt. Insgesamt 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, nahezu alle gehörlos, nahmen an der Premiere vor den Toren Münchens teil.
Inhaltlich orientierte sich der Lehrgang am regulären DFB-Basis-Coach mit Theorieeinheiten, Praxis, Lehrproben und Feedbackrunden. Anpassungen gab es jedoch in der Methodik, die gezielt auf die Bedürfnisse der Gruppe zugeschnitten wurde. "Man muss ein bisschen umdenken und einige Dinge anders gestalten – insbesondere in der Kommunikation. Ein zentrales Mittel ist dabei natürlich die Gebärdensprache, die in die Ausbildung und in die Vermittlung der Inhalte integriert werden muss", erklärt Lehrgangsleiter Simon Ollert.
Der 28-Jährige weiß genau, wovon er spricht: Von Geburt an ist Ollert auf beiden Ohren an Taubheit grenzend schwerhörig – und dennoch hat er den Sprung zum Fußball-Profi geschafft. Bereits mit 17 Jahren debütierte er für die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga, später spielte er für den FC Ingolstadt 04 II und den FC Memmingen in der Regionalliga Bayern. Heute ist er – seit seinem verletzungsbedingten Karriereende 2023 – als Trainer und Ausbilder aktiv. Die "Gehörlosen-Welt", wie er sie selbst nennt, liegt ihm dabei besonders am Herzen.
"Dass der BFV diesen Lehrgang anbietet, ist ein erster, wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe. Ich würde mir wünschen, dass unsere Gehörlosen-Community – deren Beeinträchtigung man ja nicht auf den ersten Blick erkennt – dadurch sichtbarer wird. Auch das Feedback der Teilnehmenden ist durchweg positiv. Alle ziehen hervorragend mit, sind wissbegierig und vor allem sehr dankbar für diese Möglichkeit der Weiterbildung", sagt Ollert.
Einer der Teilnehmenden ist Lucas Pflugfelder. Der 21-Jährige spielt für die Gehörlosen Bergfreunde München in der Bayerischen Gehörlosen-Liga, war bereits für die deutsche Gehörlosen-Nationalmannschaft im Einsatz und steht zudem als Torhüter des TSV Türkenfeld in der Kreisliga Zugspitze auf dem Platz. "Ich bin zwar gehörlos, aber trotzdem Fußballer! Im Kontakt mit Hörenden stoße ich oft auf Barrieren. Deshalb möchte ich ein Vorbild sein und als Trainer meine Erfahrungen weitergeben – vor allem an Kinder und Jugendliche. Hier im Lehrgang nehme ich unglaublich viel mit und bin sehr froh über dieses Angebot", erklärt Pflugfelder am Rande einer Praxiseinheit – nonverbal, in Gebärdensprache.
Der Lehrgang richtete sich jedoch nicht ausschließlich an Gehörlose, sondern auch an Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich mit hörbeeinträchtigten Personen arbeiten. Einer von ihnen ist Tim Völkel, Heilerziehungspfleger in der Wohngruppe Heideck bei Regens Wagner in Zell und Fußballtrainer in der inklusiven Einrichtung.
"Für mich ist dieser Lehrgang eine perfekte Weiterbildungsmöglichkeit und ich bin sehr dankbar, dass ich als Hörender teilnehmen durfte. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn ich habe unglaublich viel für meine Arbeit gelernt", sagt der 28-Jährige. Besonders wichtig ist auch für ihn das Thema Kommunikation: "Wie spreche ich mit Gehörlosen? Wie positioniere ich mich beim Erklären? Wie zeige ich Übungen verständlich? Auf all diese Fragen habe ich Antworten erhalten – und zusätzlich die eine oder andere fußballspezifische Gebärde gelernt!"
Fest steht: Die Premiere des DFB-Basis-Coach-Lehrgangs für Menschen mit Hörbeeinträchtigung war ein voller Erfolg. Die dreitägige Ausbildung in Oberhaching soll deshalb nur der Auftakt für weitere inklusive Maßnahmen des BFV sein. Bereits 2026 ist ein spezieller C-Lizenz-Lehrgang für Gehörlose geplant – bei entsprechendem Interesse perspektivisch auch ein B-Lizenz-Kurs.